Erwerb von Rentenanrechten im Versorgungsausgleich bei Insolvenz des Ehegatten

Versorgungsanrechte können auch nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens durch eine rechtskräftige Entscheidung zum Versorgungsausgleich übertragen werden. Der Bundesgerichtshof betont, dass der Insolvenzverwalter am Verfahren zu beteiligen ist und ein Beschwerderecht hat. Werde er nicht beteiligt, so beginne eine Frist mit seiner Kenntnis von der Entscheidung zu laufen.

Insolvenzverwalter wird nicht bei der Scheidung beteiligt

Ein Insolvenzverwalter machte gegen einen Rentenversicherer einen Anspruch auf Auszahlung eines durch interne Teilung übertragenen Guthabens von 32.300 Euro geltend. Anfang 2010 hatte er die private Versicherung seines Schuldners gekündigt und verlangte von ihr die Auszahlung des Rückkaufswerts. Diese informierte das zuständige Familiengericht vor dem Hintergrund eines laufenden Scheidungsverfahrens von dem Insolvenzverfahren sowie von der Kündigung des Vertrags und regte die Beteiligung des Verwalters im Versorgungsausgleichsverfahren an. Die Ehe wurde im Juli 2011 gleichwohl geschieden, ohne dass er involviert worden war. Der Ex-Frau wurden Anrechte von 32.300 Euro übertragen. Erst Ende 2014 erlangte der Insolvenzverwalter Kenntnis von dem Inhalt der Entscheidung. Seine Klage gegen die Versicherung scheiterte sowohl beim LG Düsseldorf als auch beim dortigen Oberlandesgericht: Die Entscheidung des Familiengerichts stelle einen Hoheitsakt dar, der einen Rechtserwerb der Frau trotz § 91 Abs. 1 InsO möglich mache, so die Begründung. Ein Anspruch auf Schadensersatz nach § 280 Abs. 1 BGB sei ausgeschlossen, da der Gesellschaft keine unrichtige Auskunft vorzuwerfen sei. Die dagegen eingelegte Revision beim BGH blieb ohne Erfolg.

BGH: Rechtsmitteleinlegung ist entscheidend

Dem IX. Zivilsenat zufolge ist das OLG zu Recht davon ausgegangen, dass die Versorgungsausgleichsentscheidung des Familiengerichts rechtskräftig geworden ist. Dies habe zu einer Kürzung des Anrechts des Schuldners bei der Versicherung geführt. Zwar habe eine interne Teilung des Anrechts durch das Familiengericht gar nicht ausgesprochen werden dürfen: Das im Rahmen des privaten Rentenversicherungsvertrags angesparte Deckungskapital habe zur Insolvenzmasse nach § 35 InsO gehört und hätte aus diesem Grund nicht uneingeschränkt im Versorgungsausgleich geteilt werden dürfen. Laut BGH erwachsen auch materiell fehlerhafte Entscheidungen zum Versorgungsausgleich in Rechtskraft, wenn kein Rechtsmittel gegen sie eingelegt wird. Der Verwalter hätte mit der Kenntnisnahme der Entscheidung Ende 2014 Rechtsmittel gegen die Entscheidung einlegen müssen. Die Karlsruher Richter entschieden sich dabei gegen eine unbefristete Beschwerdemöglichkeit, weil die Rechtskraft ansonsten auf unbestimmte Zeit hinausgeschoben werden könnte. Da der Verwalter hier nicht gegenüber dem Familiengericht tätig geworden war, konnte der BGH die Dauer dieser Frist (ein Monat, § 63 Abs. 1 FamFG; fünf Monate, § 63 Abs. 3 FamFG analog; ein Jahr, § 18 Abs. 1 S. 2, Abs. 4 FamFG analog) offenlassen.

BGH, Urteil vom 10.06.2021 - IX ZR 6/18

Redaktion beck-aktuell, 5. Juli 2021.

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