Erstreckung der Enthaftungserklärung auf das Untermietverhältnis

Erklärt der Insolvenzverwalter die Enthaftung des Wohnraummietverhältnisses, erstreckt sich diese Erklärung auch auf das Untermietverhältnis in der Wohnung des Schuldners. Der Bundesgerichtshof verneint einen Anspruch des Verwalters auf Erstattung der Untermietzahlungen, wenn diese bereits an den Hauptvermieter weitergeleitet worden sind. Es sei einerlei, ob die Untermiete erst in die Insolvenzmasse fließe, um dann durch den Verwalter an den Vermieter gezahlt zu werden, oder ob dieser die Zahlungen direkt erhalte. Mit der Enthaftung des Wohnmietverhältnissees gehe auch der Anspruch auf die Untermietzinsen direkt auf den Schuldner über.

Insolvenzschuldner vermietete Teil seiner Wohnung unter

Nachdem die Frau des Schuldners aus der gemeinsamen Wohnung ausgezogen war, vermietete er ein Zimmer unter, um die Wohnung halten zu können. 2017 fiel sein Vermögen in die Insolvenz. Der Untermieter zahlte seither die Miete an die Mutter des Hauptmieters, die dieses Geld an den Vermieter weiterleitete. Die Insolvenzverwalterin erklärte, dass Ansprüche aus dem Wohnraummietverhältnis, die nach der dreimonatigen Kündigungsfrist entstehen, nicht im Insolvenzverfahren geltend gemacht werden können (Enthaftungserklärung). Nach anderthalb Jahren verlangte die Verwalterin vom Schuldner die seit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens geschuldeten Untermieten. Das Landgericht Berlin gab der Klage fast vollständig statt, das Kammergericht lehnte jeglichen Anspruch ab. Die Verwalterin wandte sich an den BGH – ohne Erfolg.

Wer die richtige Vermögenslage herstellt, ist einerlei

Als Anspruchsgrundlage kommt dem IX. Zivilsenat zufolge nur § 816 Abs. 2 BGB in Betracht. Zu beachten sei aber, dass der Schuldner durch die Weiterleitung der Untermiete die Insolvenzmasse auch gleichzeitig von einer Verbindlichkeit in gleicher Höhe befreit hatte. Da also der Schuldner nur eine Forderung beglichen habe, die die Insolvenzverwalterin auch hätte bezahlen müssen, sehe die Rechtsprechung vor, dass der Schuldner von einem Erstattungsanspruch befreit werde. Es sei einerlei, ob die Vermögenslage durch den Schuldner oder durch die Verwalterin hergestellt werde, so der BGH zum Zeitraum bis zur Enthaftungserklärung, also für die ersten drei Monate des Insolvenzverfahrens.

Enthaftungserklärung gilt für beide Mietverhältnisse

Die Enthaftungserklärung nach § 109 Abs. 1 Satze 2 InsO bewirkt dem BGH zufolge, dass der Anspruch auf den Untermietzins von der Verwalterin auf den Schuldner übergegangen ist. Zwar seien Mietverhältnis und Untermietverhältnis grundsätzlich zwei unterschiedliche Verträge; die Enthaftungserklärung umfasse aber beide. Die Karlsruher Richter argumentierten mit § 35 Abs. 2 InsO: Auch die Freigabe nach dieser Vorschrift erstrecke sich nicht nur auf das gewerbliche Vermögen, sondern auf alle dazugehörigen Vertragsverhältnisse. Da das Untermietverhältnis ähnlich eng mit dem Hauptmietvertrag gekoppelt sei, sei die Wirkung der Enthaftungserklärung auf das Untermietverhältnis auszudehnen.

BGH, Urteil vom 02.12.2021 - IX ZR 206/20

Redaktion beck-aktuell, 26. April 2022.