Erstattungsansprüche nach der Fluggastrechte-VO nach Insolvenzverfahren

Der Erstattungsanspruch wegen einer Annullierung des Rückflugs gegen eine insolvente Fluggesellschaft ist keine Masseverbindlichkeit. Zwar mag der Fluggast nach dem Hinflug auf die Erfüllung seiner Beförderungsansprüche vertraut haben. Die Erwartung, der Verwalter werde auch die restliche Insolvenzforderung ausgleichen, reicht aber laut Bundesgerichtshof nicht aus, um den Gleichbehandlungsgrundsatz hinter die Individualinteressen einzelner Gläubiger zurücktreten zu lassen.

Fluggesellschaft fällt in die Insolvenz

Ein Fluggast buchte und bezahlte 2019 einen Hin- und Rückflug von Frankfurt am Main nach Kapstadt im März 2020. Die Fluggesellschaft fiel 2019 in die Insolvenz, konnte den Betrieb aber in Eigenverwaltung weiterführen. Während die Airline den Mann wie gebucht noch an sein Ziel beförderte, annullierte sie den Rückflug am 22.03.2020 aber wegen der Corona-Pandemie. 2020 wurde ein Insolvenzplan erstellt und das Insolvenzverfahren aufgehoben. Der Passagier verlangte danach die Flugscheinkosten zurück.

LG: Anspruch auf Beförderung ist untergegangen

Während das AG Frankfurt am Main die Gesellschaft antragsgemäß verurteilte, lehnte das dortige Landgericht einen Anspruch des Klägers auf Erstattung der Flugscheinkosten für den annullierten Rückflug aus Art. 8 Abs. 1 Buchst. a Verordnung (EG) Nr. 261/2004 (Fluggastrechteverordnung) ab. Im Zeitpunkt der Streichung habe ihm kein wirksamer Anspruch auf Beförderung mehr zugestanden, welcher Voraussetzung eines Erstattungsanspruchs sei. Dieser sei mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens untergegangen. Der Beförderungsvertrag falle nicht unter § 103 InsO, weil der Kläger vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vollständig vorgeleistet habe. Der Anspruch auf Beförderung habe sich zudem mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens nach § 45 Satz 1 InsO in eine auf Geld gerichtete Forderung gewandelt. Die Revision des Fluggastes beim BGH blieb ohne Erfolg.

Keine Masseverbindlichkeit

Der IX. Zivilsenat stimmte dem LG im Ergebnis zu. Ein Erstattungsanspruch sei aber entgegen der Ansicht des LG nicht schon deshalb ausgeschlossen, weil sich der Beförderungsanspruch des Klägers gemäß § 45 InsO mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Beklagten in einen nur im Wege der Anmeldung zur Tabelle durchzusetzenden Zahlungsanspruch umgewandelt hätte. Da dieses hier unterblieben ist, sei der Beförderungsanspruch geblieben. Zwar seien die tatbestandlichen Voraussetzungen eines Erstattungsanspruchs des Klägers nach Art. 5 Abs. 1 Buchst. a in Verbindung mit Art. 8 Abs. 1 Buchst. a Fluggastrechteverordnung sind für sich genommen erfüllt. Jedoch handele es sich dabei um keine Masseverbindlichkeit. Die Beförderungsansprüche des Klägers seien vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründet worden und damit nur Insolvenzforderungen. Die teilweise Erfüllung der Insolvenzforderung lasse aber nicht nur die Rechtsnatur des erfüllten Teils der Forderung unberührt, sondern wirke sich auch nicht auf den nicht erfüllten Teil der Forderung aus. Ein anderes Ergebnis folge auch nicht aus dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben (§ 242 BGB).

BGH, Urteil vom 09.03.2023 - IX ZR 150/21

Redaktion beck-aktuell, 25. April 2023.