Erneute Anhörung in Betreuungsverfahren

In einer Betreuungssache sind von einer erneuten persönlichen Anhörung im Beschwerdeverfahren zusätzliche Erkenntnisse zu erwarten, wenn der Betroffene an seinem Einverständnis mit einer Betreuung nicht mehr festhält. Das Beschwerdegericht muss laut Bundesgerichtshof seinen entgegenstehenden Willen berücksichtigen.

Betreute distanziert sich von Einverständnis

Eine psychisch kranke Frau wandte sich gegen die Einrichtung einer Betreuung. Diese hatte das AG Moers für sie eingerichtet und ihre Tochter als Betreuerin bestellt. Damit war die Betroffene zunächst auch einverstanden. Das LG Kleve wies ihre Beschwerde zurück, ohne sie erneut persönlich anzuhören. Die Entscheidung wurde der Erkrankten am 09.02.2021 zugestellt. Dagegen legte sie am 11.05.2021 Rechtsbeschwerde beim BGH ein und beantragte wergen der Fristversäumung Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Die Begründung folgte am 17.05.2021. Damit hatte sie Erfolg.

Neue Erkenntnisse sind entscheidend

Laut BGH hat das Landgericht zu Unrecht von einer erneuten persönlichen Anhörung der Frau abgesehen. Aus seiner Sicht waren neue Erkenntnisse zu erwarten, weil die Betroffene an ihrem im amtsgerichtlichen Verfahren erklärten Einverständnis mit einer Betreuung im Beschwerdeverfahren nicht mehr festhalten wollte. Daher hätte das Beschwerdegericht die psychisch Kranke selbst erneut anhören müssen. Der XII. Zivilsenat moniert, das Amtsgericht habe seiner Entscheidung offensichtlich ihr Einverständnis mit einer Betreuerbestellung zugrunde gelegt, weil es sich mit der Beachtlichkeit eines entgegenstehenden Willens nicht auseinandergesetzt habe. Von diesem Einverständnis sei sie durch die Einlegung der Beschwerde wieder abgerückt. Der BGH verwies die Sache daher zurück. Die Vorinstanz hat nun Gelegenheit, sich mit den Einwendungen der Betroffenen gegen das vom Amtsgericht eingeholte Sachverständigengutachten auseinanderzusetzen.

BGH, Beschluss vom 16.06.2021 - XII ZB 228/21

Redaktion beck-aktuell, 5. August 2021.