Ermittlung des Restschadenersatzes für Neuwagenkäufer

Bei der Frage, in welcher Höhe dem Käufer eines Diesel-Neuwagens Restschadenersatz gegen den Hersteller zusteht, muss das Gericht konkret ermitteln, welchen Händlereinkaufspreis das Unternehmen für den erworbenen Pkw erlangt hat. Dabei kann der bereits verjährte Schadenersatzanspruch dem Bundesgerichtshof zufolge nicht vergleichsbetrachtend herangezogen werden. Der Händlereinkaufspreis müsse konkret ermittelt werden.

OLG ermittelt Händlereinkaufspreis nicht

Ein Autokäufer verlangte von der Herstellerin seines abgasmanipulierten Neuwagens, der Volkswagen AG, unter anderem Restschadenersatz in Höhe von rund 20.550 Euro gegen Rückgewähr des Fahrzeugs. Er hatte den VW Tiguan 2014 bei einem Vertragshändler der Beklagten gekauft. Die Beklagte berief sich auf Verjährung. Die ursprüngliche Stufenauskunftsklage darüber, welchen Händlereinkaufspreis der Autokonzern für den von ihm erworbene Pkw erlangt und welche Nutzungen er daraus gezogen habe, scheiterte beim Landgricht Görlitz. Das Oberlandesgericht Dresden verurteilte die Herstellerin, an den Dieselfahrer 17.380 Euro unter Zug-um-Zug-Vorbehalt zu zahlen. Der Kläger habe gegen das Unternehmen einen Schadenersatzanspruch aus § 852 BGB (derjenige aus § 826 BGB sei bereits bei Klageerhebung 2020 verjährt gewesen). Die Höhe des zu ersetzenden Schadens ergebe sich, Zug um Zug gegen Rückübertragung des Fahrzeugs, aus dem gezahlten Kaufpreis, wobei der Kläger sich darauf im Wege des Vorteilsausgleichs die von ihm gezogenen Nutzungsvorteile anrechnen lassen müsse. Die Beklagte habe sich nicht gegen die Behauptung gewandt, dass der Händlereinkaufspreis mindestens diese Höhe gehabt habe. Die Revision des Unternehmens beim BGH hatte Erfolg und führte zur Zurückverweisung.

Konkrete Feststellung des Einkaufspreises

Der VIa. Zivilsenat äußerte Bedenken gegenüber den Erwägungen des OLG zur Höhe des Restschadenersatzanspruchs. Dieser unterliege einer dreifachen Limitierung. Zunächst sei der seitens des Fahrzeughändlers vom Geschädigten vereinnahmte Kaufpreis um die Händlermarge zu reduzieren. Anschließend sei von dem so ermittelten Händlereinkaufspreis der Wert der vom Geschädigten gezogenen Nutzungen in Abzug zu bringen. Und schließlich schulde der Hersteller als Schädiger Restschadenersatz nur Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des erworbenen Wagens. Abweichend davon habe das OLG den Nutzungsvorteil (18.920 Euro) vom Endkaufpreis (36.300 Euro) abgezogen und den so ermittelten, verjährten Schadenersatzanspruch des Klägers aus §§ 82631 BGB in Höhe von 17.380 Euro im Sinne einer Vergleichsbetrachtung dem von der Beklagten erlangten Händlereinkaufspreis gegenübergestellt, monierte der Senat für "Diesel-Verfahren". Dazu habe das OLG aber lediglich ausgeführt, die Beklagte sei der Unterstellung des Klägers, dass der Einkaufspreis nicht weniger als 17.380 Euro betragen könne, nicht entgegengetreten. Der Händlereinkaufspreis sei aber konkret zu ermitteln gewesen. Das OLG müsse dem Kläger dabei zunächst Gelegenheit geben, zur Höhe weiter vorzutragen.

BGH, Urteil vom 26.09.2022 - VIa ZR 614/21

Redaktion beck-aktuell, 26. Oktober 2022.