Ergänzung des Wiedereinsetzungsantrags nach Fristablauf möglich

Sind in einem Antrag auf Wiedereinsetzung Angaben unklar, können sie auch nach Fristablauf ergänzt oder erläutert werden. Dies gilt laut Bundesgerichtshof für den Fall, dass der Sachverhalt ansonsten geschlossen und nachvollziehbar geschildert wurde. Gehe ein fristgebundener Schriftsatz auf dem Postweg verloren, könne so eine bislang nicht dargelegte ausreichende Frankierung ergänzt werden.

Schriftsatz ging auf dem Postweg verloren

Eine Gläubigerin nahm einen Bürgen nach der Kündigung zweier Leasingverträge in Anspruch. Nachdem ihre Klage vor dem LG Münster gescheitert war, legte sie zunächst fristgerecht Berufung ein. Auf Nachfrage teilte das OLG Hamm ihrem Anwalt am 25.05.2020 mit, dass ein Antrag auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist dort nicht eingegangen sei. Daraufhin beantragte sie erfolglos Wiedereinsetzung in den vorigen Stand: Gegen die Versäumung eines rechtzeitigen Antrags auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist komme keine Wiedereinsetzung in Betracht, so die Begründung der Richter. In einem zweiten Gesuch vom 04.06.2020 teilte sie mit, ihr Anwalt habe den Schriftsatz am 15.05.2020 – und damit rechtzeitig vor Ablauf der Begründungsfrist am 19.05.2020 – eigenhändig "erstellt, ausgedruckt, eingetütet und auf dem Heimweg noch am 15. Mai 2020 zur Post aufgegeben". Das OLG lehnte ihr Anliegen erneut ab, da eine Erklärung zur Frankierung fehle. Ohne eine solche könne nicht beurteilt werden, ob der Jurist alles Erforderliche für eine erfolgreiche postalische Versendung unternommen habe. Die beim BGH eingelegte Rechtsbeschwerde hatte Erfolg.

BGH: Angaben zur Frankierung sind wesentlicher Gesichtspunkt

Der VIII. Zivilsenat betont, dass das OLG der Frau die Gelegenheit hätte geben müssen, ergänzend zu der ausreichenden Frankierung vorzutragen. Die Darstellung des Sachverhalts sei ansonsten geschlossen und aus sich heraus verständlich. Darin unterscheide sich dieser Fall von der vom OLG Hamm zitierten Entscheidung des BAG. Die Ergänzung sei auch noch in der Rechtsbeschwerde möglich: Danach habe der Anwalt den zweiseitigen Schriftsatz mit dem Antrag auf Fristverlängerung gewogen und als sogenannten Kompaktbrief mit einer 95-Cent-Briefmarke ausreichend frankiert. Die schuldlose Fristversäumung ist damit zur Überzeugung der Karlsruher Richter hinreichend glaubhaft gemacht worden. Die Berufungsbegründung habe die Klägerin am 04.06.2020 und damit fristgerecht noch innerhalb der mit dem gerichtlichen Hinweis vom 25.05.2020 beginnenden Monatsfrist eingereicht. Der BGH verwies die Sache daher an das OLG zurück.

BGH, Beschluss vom 11.05.2021 - VIII ZB 65/20

Redaktion beck-aktuell, 22. Juni 2021.