Erfolgsqualifizierter Versuch beim fehlgeschlagenen Grunddelikt
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Wer versucht, einen anderen Menschen zu töten, indem er ihm nachts einen Brandsatz durch das Schlafzimmerfenster wirft, wird auch dann wegen versuchter Brandstiftung mit Todesfolge verurteilt, wenn der Brandsatz nicht zündet. Der Bundesgerichtshof sieht den erfolgsqualifizierten Versuch als gegeben an, weil der Täter nach seiner Vorstellung mit dem Wurf der Benzinflasche sowohl zur Brandstiftung als auch zur Tötung des Opfers angesetzt hat. Am praktischen Fall nimmt der BGH hier eine dogmatische Einordnung vor.

Mit "Molotowcocktail" versucht, einen Anderen zu töten

Zwei Männer warfen nachts das Schlafzimmerfenster ihres angepeilten Opfers ein, um dann durch die entstandene Öffnung einen sogenannten Molotowcocktail (Glasflasche mit Benzin gefüllt und einer angezündeten Lunte versehen) hinterherzuwerfen. Der Haupttäter wollte auf diese Weise erreichen, dass das Mehrfamilienhaus niederbrennt und das schlafende Opfer darin umkommt. Wider Erwarten erlosch die Flamme, bevor sich das Benzin entzünden konnte. Das Landgericht Mönchengladbach verurteilte die beiden unter anderem wegen versuchten Mordes in Tateinheit mit versuchter Brandstiftung mit Todesfolge zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und neun Monaten und den Jugendlichen wegen Beihilfe zu einer Jugendstrafe von vier Jahren. Beide Angeklagten fanden das Urteil zu hart und erhoben Revision zum Bundesgerichtshof - jedoch ohne Erfolg trotz Unterstützung ihrer Sachrüge durch den Generalbundesanwalt.

Strafe wegen erfolgsqualifiziertem Versuch

Die versuchte Brandstiftung mit Todesfolge nach §§ 306a Abs. 1 Nr. 1, 306c, 22 StGB ist nach Ansicht des BGH zu Recht vom Landgericht bejaht worden. Der Versuch eines erfolgsqualifizierten Delikts (Grunddelikt Brandstiftung mit Erfolgsqualifikation Todesfolge) könne auch verwirklicht werden, indem der Täter nur zur Brandstiftung ansetzt, wenn dabei sein Vorsatz auf den Tod des Anderen gerichtet sei. Denn nach seiner Vorstellung habe der Täter mit dem Wurf der Benzinflasche sowohl zur Brandstiftung als auch zur Tötung des Opfers angesetzt. Für diese Auslegung spricht nach Ansicht des 3. Strafsenats der Wortlaut des § 22 StGB in Verbindung mit den Erfolgsdelikten. Auch § 11 Abs. 2 StGB erkenne ein erfolgsqualifiziertes Delikt insgesamt als eine vorsätzliche Tat an, für die dann die Versuchsregeln gelten. Für den Versuch bedürfe es daher weder eines vollendeten Grunddelikts noch des Eintritts der schweren Folge. Sinn der Versuchsstrafbarkeit ist laut den Karlsruher Richtern, die in der Vorstellung des Täters liegende Gefährlichkeit seines Tuns zu bestrafen. Ob das Grunddelikt dabei bereits vollendet wird oder nicht, sei daher unwichtig.

Versuch des erfolgsqualifizierten Delikts

Es gebe zwei Konstellationen beim Versuch des erfolgsqualifizierten Delikts: Beim sogenannten erfolgsqualifizierten Versuch bleibe der Täter - wie hier - bereits beim Grunddelikt im Versuchsstadium stecken, der Erfolg aber trete trotzdem ein. Hinsichtlich der Folge müsse dem Täter in diesem Fall wenigstens Fahrlässigkeit oder Leichtfertigkeit vorzuwerfen sein. Bei der sogenannten versuchten Erfolgsqualifikation habe der Täter das Grunddelikt verwirklicht, aber der von ihm gewünschte Erfolg sei nicht eingetreten (etwa wenn die vollendete Brandstiftung das Opfer nicht tötet). Der 3. Strafsenat sieht den hiesigen Fall als Unterfall der versuchten Erfolgsqualifikation an.

BGH, Urteil vom 12.08.2021 - 3 StR 415/20

Redaktion beck-aktuell, 5. November 2021.