Entscheidung über Befangenheitsantrag begründet keine Befangenheit

Die bloße Entscheidung über vorangegangene Befangenheitsanträge kann keine Grundlage für einen Befangenheitsantrag bilden. Das Dienstgericht des Bundesgerichtshofs weist damit Befangenheitsanträge in einem seit 2016 laufenden Prüfungsverfahren einer Richterin am Bundesfinanzhof zurück. Ein vorzeitiger Wechsel im Senatsvorsitz aus gesundheitlichen Gründen sei auch keine "Manipulation des gesetzlichen Richters".

"Aktenverfälschung", "Verschleierung", "Fallenstellerei"

Eine Richterin am Bundesfinanzhof lehnte in einem Verfahren wegen ihrer Versetzung in einen anderen Senat des BFH vor dem Dienstgericht des Bundes am Bundesgerichtshof die Senatsvorsitzende, deren Stellvertreter sowie die Berichterstatterin wegen Besorgnis der Befangenheit ab. Nach ihrem Antrag schied die Vorsitzende aus dem Senat aus und wurde ersetzt. Nachdem der neue Vorsitzende die BFH-Richterin darauf aufmerksam machte, dass er Bedenken hinsichtlich der Zulässigkeit der Anträge bezüglich seiner Vorgängerin und deren Stellvertreterin habe, lehnte sie auch ihn und zwei weitere Richter ab. Es sei "Aktenverfälschung" betrieben worden und der Vorsitzende habe früher von einer BVerfG-Entscheidung zu ihrer Sache Kenntnis gehabt, und ihr damit versucht eine Falle zu stellen. Der Bundesgerichtshof gab keinem Antrag statt - er wies sie teilweise als unzulässig, teilweise als unbegründet zurück.

Keine Besetzungsmanipulation

Soweit die Antragstellerin rügte, die Bestellung des jetzigen Vorsitzenden sei verfassungswidrig zustande gekommen, handelte es sich laut Dienstgericht um eine Besetzungsrüge - und keinen Befangenheitsantrag. Die Neubesetzung sei durch den vorzeitigen Abschied der vorherigen Vorsitzenden aus gesundheitlichen Gründen veranlasst worden, daher entsprach sie laut den Karlsruher Richtern nicht dem Geschäftsverteilungsplan. Nach § 21e Abs. 3 Satz 1 GVG in Verbindung mit § 21e Abs. 1 GVG bestimme das Präsidium des Gerichts aber die Besetzung des Spruchkörpers neu, wenn es - wie in diesem Fall durch den Wegfall der Vorsitzenden - notwendig werde. Zwar sei der Vorsitzende an dieser Präsidiumsentscheidung selbst beteiligt gewesen, dieses sei aber in § 21a Abs. 1, § 21e Abs. 1 Satz 3 GVG gesetzlich so auch vorgeschrieben. Von einer willkürlichen Besetzung könne nicht die Rede sein.

Offensichtlich unzulässig

Der Senat konnte nach § 66 Abs. 1 Satz 1 DRiG, § 54 Abs. 1 VwGO und § 45 Abs. 1 ZPO über die offensichtlich unzulässigen Anträge in voller Besetzung entscheiden: Soweit die Beisitzer wegen deren Mitwirkung an vorherigen Ablehnungsgesuchen/Anhörungsrüge in diesem Verfahren abgelehnt wurden, genüge diese Vorbefassung alleine nicht, deren Befangenheit zu besorgen. Weitere Gründe hatte die Antragstellerin aber nicht geltend gemacht.  

Rechtsschutzinteresse und überlange Verfahrensdauer

Die Anträge gegenüber den Richterinnen, die aus dem Verfahren ausgeschieden sind, sind dem Dienstgericht zufolge offensichtlich unzulässig, da kein Rechtsschutzinteresse mehr besteht. Die Vorwürfe einer überlangen Verfahrensdauer mit fast fünf Jahren, gezielter Aushöhlung des effektiven Rechtsschutzes und andere ließen keinen Bezug zu der Berichterstatterin erkennen und könnten daher keine Besorgnis der Befangenheit begründen, so der BGH.

Redaktion beck-aktuell, 17. Mai 2021.