BGH entscheidet im Juli über Absetzung von Martin Kind bei Hannover 96

Martin Kind und der Fußballverein Hannover 96 – die beiden Parteien sind seit Jahren zerstritten. Der BGH will am 16. Juli entscheiden, ob die Abberufung von Kind als Geschäftsführer rechtmäßig gewesen ist – und äußert bereits Zweifel an den Entscheidungen der Vorinstanzen.

2022 hatte das LG Hannover die Absetzung Kinds für nichtig erklärt, auch das OLG Celle wies eine Berufung dagegen ein halbes Jahr später zurück. Vor dem BGH könnte es nun jedoch anders ausgehen: Der II. Zivilsenat deutete bei Verhandlungsbeginn an, die Einschätzungen der Vorinstanzen womöglich nicht zu teilen (Az. II ZR 71/23). Dass die Abberufung nichtig war, sei zweifelhaft, so der Vorsitzende Richter Manfred Born.

Hannover-96-Vertrag und 50+1-Regel

Der 80 Jahre alte Kind ist Geschäftsführer und Mehrheitsgesellschafter des ausgegliederten Profifußball-Bereichs. Die 50+1-Regel im deutschen Profifußball soll jedoch sicherstellen, dass der Mutterverein und nicht die Kapitalseite im Falle einer solchen Ausgliederung die Stimmenmehrheit in der Profifußball-Gesellschaft besitzt. Um dieses Prinzip durchzusetzen, ist der Geschäftsführer bei Hannover 96 in der Management GmbH verortet. Sie gehört nicht der Kapitalseite um Martin Kind, sondern zu 100% dem Mutterverein. Mit Verweis darauf setzte die Vereinsführung Kind im Juli 2022 als Geschäftsführer der Hannover 96 Management GmbH ab.

Kind konnte sich vor Gericht erfolgreich gegen seine Abberufung wehren, weil Vereins- und Kapitalseite 2019 den sogenannten Hannover-96-Vertrag abgeschlossen hatten, der ihr Verhältnis regelt. In diesem Vertrag heißt es, die Satzung der Management-GmbH könne nur verändert und ein Geschäftsführer nur dann abgesetzt werden, wenn der Aufsichtsrat der Management-GmbH dem zustimme. In diesem Gremium sitzen je zwei stimmberechtigte Mitglieder der Vereins- und der Kapitalseite, ein Patt von 2:2 Stimmen reicht nicht für eine Zustimmung. Ob der Hannover-96-Vertrag mit der 50+1-Regel vereinbar ist, ist bisher nicht geklärt.

Die 50+1 Regel fand in Karlsruhe auch nur wenig Beachtung. Beide Seiten betonten, dass die Regelung kein zentraler Streitpunkt des Verfahrens sei und auch der Senat erwähnte sie in der Einleitung nicht. Es ging vor allem um die Frage, ob der Beschluss zu Kinds Absetzung mit dem Wesen der GmbH vereinbar bzw. ob er sittenwidrig war. Die 50+1-Regel ist selbst nur in den Satzungen der Deutschen Fußball Liga (DFL) und des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) verankert und somit ein rein verbandsrechtliches Instrument.

Verein fühlt sich bestätigt

Die Vereinsseite gehe mit einem guten Gefühl aus der Verhandlung, sagte Hannover 96-Aufsichtsratschef Ralf Nestler in Karlsruhe. "Wir fühlen uns durchaus bestätigt, dass der Vorstand 2022 im Juli rechtmäßig gehandelt hat." Die Tragweite einer BGH-Entscheidung sei vor der Verkündung noch schwer zu beurteilen.

Kind kritisierte nach der Verhandlung, dass "die gesamte operative Ebene der Entwicklung und der Zukunft" ausgeblendet werde und es um rein juristische Fragen gehe. Er glaube, dass "Märkte sich anders entwickeln" und er deshalb auch Risiken für die Weiterentwicklung von Hannover 96 sehe.

Richter Born sagte mit Blick auf die anstehende Entscheidung: "Es wird kein Unentschieden geben."

Redaktion beck-aktuell, js, 4. Juni 2024 (ergänzt durch Material der dpa).