Tochter fordert maximal fünf Millionen Euro
Runde Scheinwerfer, abfallendes Heck, flach nach vorn zulaufende Frontpartie: Der Porsche 356 ist gerichtlich bestätigt ein "Werk der angewandten Kunst". Und Erwin Komenda ist - juristisch unbestritten - Urheber der äußeren Gestaltung der Karosserie. Nun hat sich der Bundesgerichtshof mit der Frage zu befassen, ob die Erben des früheren Chef-Konstrukteurs Anspruch auf eine Beteiligung am Erfolg des Nachfolgemodells 911 haben - also auch für Fahrzeuge, die Jahrzehnte nach Komendas Tod 1966 verkauft werden. Bislang war Komendas Tochter Ingrid Steineck vor Gerichten gescheitert. Sie fordert maximal fünf Millionen Euro. Dabei könnten die Ansprüche deutlich höher sein, würde man eine Beteiligung je verkauftem Exemplar festlegen: Legen Käufer doch für den 911er sechsstellige Beträge hin.OLG: Komenda kein Miturheber am Design des 911er
Aus Sicht des Oberlandesgerichts Stuttgart ist zwar bewiesen, dass Komenda Urheber für die Karosserie des Porsche 356 in seiner Urform ist. Diese habe aber für die Baureihe aus den 2010er Jahren des Nachfolgemodells 911 allenfalls als Anregung gedient. Daraus ergebe sich kein Anspruch auf Beteiligung nach dem Urheberrechtsgesetz, entschied das Gericht. Dass Komenda, der bei Porsche zuletzt 5.420 D-Mark im Monat verdiente, Miturheber am Design des 911er in seiner Urform war, habe Steineck indes nicht nachweisen können. Die Tochter hat gegen die Entscheidung Revision eingelegt.Eine Frage der "Wiedererkennbarkeit"
Bei der Verhandlung am Bundesgerichtshof wurde gestern deutlich, dass es um komplexe Fragen des Urheberrechts geht. Wie weit muss eine Neugestaltung vom Vorgänger abweichen, damit Ansprüche entfallen? Ein Aspekt ist, inwiefern die Gestaltung der Karosserie des Porsche 356 im Modell 911 wiedererkennbar ist - und wie Wiedererkennbarkeit definiert wird. Steinecks Anwalt hatte rot lackierte Modellversionen der betroffenen Autos dabei und sagte: "Da ist die Wiedererkennbarkeit mit Händen zu greifen." Gegebenenfalls müsse der Bundesgerichtshof aber auch beim Europäischen Gerichtshof für eine Auslegung anfragen. Seit 2002 ist das Urheberrecht in der EU vereinheitlicht. Der Anwalt kritisierte auch, das OLG habe unter anderem einen wichtigen Zeugen nicht gehört. Zudem hätte es bei der Überprüfung von den Gemeinsamkeiten beider Modelle ausgehen müssen, nicht von den Unterschieden. Komenda habe Grundlagen für die "Porsche-DNA" gelegt. Dieser wolkige Begriff sei der Versuch, sich vom konkreten Vergleich loszulösen, konterte der Vertreter der Gegenseite. "Wenn die Porsche-DNA geschützt ist, dann kommt vielleicht bald der FC Bayern und will das Bayern-Gen schützen lassen." Es komme auf den Gesamteindruck an, sagte der Porsche-Anwalt. Und der 356 sei nur frei als Vorlage benutzt worden und nicht zum Modell 911 umgestaltet worden.
Streit betrifft auch VW Käfer und Nachfolger "New Beetle"
Der Streit zwischen Familie Steineck und Porsche zieht sich schon über Jahre. So hielt Komendas Enkelin 2014 eine Pressekonferenz ab, um unter dem Titel "Der Porsche-Schwindel" aufzuklären, wer aus ihrer Sicht für die Entwürfe der sogenannten Porsche-DNA verantwortlich ist. Der Autobauer verwehrte ihr den Zutritt zum Archiv, wie der Vorsitzende BGH-Richter Thomas Koch sagte. Der Anwalt sprach sogar von einem Hausverbot. Der Porsche-Fall ist nicht der einzige seiner Art. Der Disput trifft ebenso den Mutterkonzern Volkswagen: In Braunschweig will die Familie Ansprüche wegen des Designs des VW Käfers und seines Nachfolgers "New Beetle" geltend machen. Als Käfer-Schöpfer gilt der Autokonstrukteur Ferdinand Porsche. Von dessen Enkel Ferdinand Alexander stammt dem Autobauer zufolge der Entwurf für den 911er. Ein zweiter Anwalt der Steinecks sagte, indem Porsche jede Entwicklung einem Familienmitglied zuschreibe, solle ein "Mythos" entstehen.