Der Kartellsenat hat am Dienstag entschieden (Urteil vom 05.12.2023 - KZR 101/20), dass die Stadt nach Beendigung des zwischen den Parteien vereinbarten Konzessionsvertrags über die Nutzung von Wegegrundstücken der Landeshauptstadt für den Fernwärmetransport weder Eigentümerin des von EnWB gebauten Fernwärmenetzes geworden ist, noch von dem Unternehmen die Übereignung des Netzes verlangen kann. EnBW müsse die Netzleitungen auch nicht beseitigen. Umgekehrt habe aber auch EnBW, die das Fernwärmenetz in Zukunft weiterbetreiben möchte, keinen kartellrechtlichen Anspruch auf die erneute Einräumung von Wegenutzungsrechten zum Betrieb des Fernwärmenetzes.
Der Streit geht auf den seit 1994 bestehenden Konzessionsvertrag zurück, der die Fernwärmelieferung regelte und 2013 ohne Endschaftsregelung ausgelaufen war. EnBW ist beteiligt, weil sie das Fernwärmenetz 2002 von einem Kommunalunternehmen erworben hatte. Nach Vertragsende wollte die Stadt Eigentümerin des Fernwärmenetzes werden und dessen Betrieb zum frühestmöglichen Zeitpunkt übernehmen. Der Energieversorger lehnte dies ab und setzte die Fernwärmeversorgung zu den bisher geltenden Bedingungen fort. Eine Nachfolgevereinbarung wurde nicht geschlossen.
Das LG Stuttgart wollte die Stadt verpflichten, EnBW ein Angebot auf Abschluss eines erneuten Gestattungsvertrages zum Betrieb des Fernwärmenetzes zu unterbreiten (Urteil vom 14.02.2019 - 11 O 225/16). In der Berufungsinstanz änderte das OLG Stuttgart dieses Urteil dann teilweise ab, und verurteilte EnBW dazu, die "Störung" durch die Fernwärmeversorgungsanlagen auf den städtischen Grundstücken zu beseitigen (Urteil vom 26.03.2020 - 2 U 82/19). Darüber hinaus entschied das Gericht aber, dass die Stadt kein Recht auf Eigentumsübertragung am Fernwärmenetz habe.
Alles bleibt wie es ist - vorerst
Der BGH sagt nun, dass EnBW nicht verlangen kann, dass ihr langfristig die Wegenutzungsrechte zum Weiterbetrieb des Fernwärmenetzes eingeräumt werden. Denn das Unternehmen habe mit Blick auf die technischen und wirtschaftlichen Gegebenheiten eine dauerhafte Monopolstellung inne. Daran ändere es auch nichts, dass es das Netz mit eigenen Ressourcen aufgebaut habe. Denn es habe das Netz schließlich in Kenntnis der Vertragslage erworben, also gewusst, dass ein befristeter Gestattungsvertrag auf Grundlage von Wegenutzungsrechten besteht.
Der Wegfall des Vertrages führe aber auch nicht zu einer Veränderung der Eigentumsverhältnisse. Einen automatischen Eigentumsübergang nach Vertragsende sehe das Gesetz nicht vor. § 95 BGB verlange für den Eigentumsübergang von Versorgungsleitungen vielmehr eine Willensentschließung des Eigentümers der Netzleitungen, der hier fehle. Auch einen Übereignungsanspruch aus einer ergänzenden Auslegung des Gestattungsvertrages sehen die Karlsruher Richterinnen und Richter nicht. Maßgebend dafür sei, dass die Stadt ein wettbewerbliches Verfahren zur Auswahl des zukünftigen Netzbetreibers gestartet, aber noch nicht beendet, es vielmehr lediglich ausgesetzt habe. Da EnWB an diesem Verfahren beteiligt sei, bestehe die Möglichkeit, dass in Zukunft nicht die Stadt, sondern weiterhin EnBW oder ein anderes am Auswahlverfahren beteiligtes Unternehmen das Fernwärmenetz betreiben wird. In dieser Situation bestehe kein berechtigtes Interesse der Stadt, Eigentümerin des Fernwärmenetzes zu werden. Redliche Vertragsparteien hätten eine solche Regelung nicht vereinbart. Auch gesetzliche Vorschriften begründeten keinen Anspruch auf Eigentumsverschaffung.
In Bezug auf den vom OLG noch zugesprochenen Anspruch auf Störungsbeseitigung hat der Kartellsenat entschieden, dass EnBW nach § 1004 Abs. 1 BGB nicht zum Abbau der Netzleitungen verpflichtet ist. Die Stadt müsse den Zustand aus nachvertraglichen Rücksichtnahmepflichten und dem Grundsatz von Treu und Glauben dulden. Entscheidend sei hier wieder, dass das wettbewerbliche Auswahlverfahren noch nicht beendet und ein zukünftiger Betrieb des Fernwärmenetzes durch die EnBW nicht ausgeschlossen sei.