Entschädigung in der Erfindergemeinschaft

Eine Erfindergemeinschaft darf mit der erforderlichen Stimmenmehrheit einem Dritten die Nutzung der Kreation gegen Entgelt gestatten. Stimmt dabei ein Teilhaber der Nutzung nicht zu, ist ihm eine Entschädigung zu zahlen. Dies hat der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs mit heute veröffentlichtem Urteil entschieden.

Erfindergemeinschaft vor dem BGH

Gemeinschaften sind anfällig für rechtliche Auseinandersetzungen. Das gilt etwa für die nichteheliche Lebensgemeinschaft, die Wohnungseigentümergemeinschaft - und auch die Erfindergemeinschaft. Eine solche beschäftigte jetzt den BGH, der folgenden Fall zu entscheiden hatte.

Benutzung der Erfindung rückwirkend gestattet

Der Konstrukteur verlangt von dem beklagten Unternehmen Schadensersatz sowie Auskunft und Rechnungslegung wegen widerrechtlicher Benutzung von Arbeitnehmererfindungen. Während des Arbeitsverhältnisses entwickelte er zusammen mit einem Kollegen eine Erfindung zur Flammpunktprüfung (Penetrometer). Inhaberin der Schutzrechte war der Hersteller, als Erfinder waren die beiden Konstrukteure benannt. Das Landgericht gab der Klage teilweise statt. Im Berufungsverfahren legte das Unternehmen plötzlich eine Vereinbarung mit dem Kollegen vom 10.07.2017 vor. Sie sah eine Übertragung seiner Anteile an den Erfindungen und eine rückwirkende Gestattung der Benutzung seines Arbeitgebers vor. Der Konstrukteur zweifelte die Wirksamkeit dieser Abrede an und verlangte alternativ die Feststellung, dass der Entwickler zur Zahlung eines Ausgleichs für Gebrauchsvorteile, die einen etwaigen Anteil der Firma an den Schutzrechten übersteigen, verpflichtet sei. Das OLG Düsseldorf beschränkte die Zahlung von Schadensersatz auf Handlungen bis zum 09.07.2017: Mit der Vereinbarung vom 10.07.2017 habe das Unternehmen die Miterfinderanteile des Kollegen erworben und als solche auch rechtmäßig nutzen dürfen. Bei den Hilfsanträgen handele es ich um eine Klageänderung, die als Anschlussberufung unzulässig sei.

BGH: Kein rückwirkendes Nutzungsrecht

Die Revision der Firma hatte größtenteils keinen, die des Konstrukteurs überwiegend Erfolg. Aus Sicht der Bundesrichter sei durch den Umstand, dass der Kollege die Nutzungen der gemeinschaftlichen Erfindungen für die Vergangenheit gestattet habe, nicht rückwirkend ein schuldrechtliches Nutzungsrecht des Unternehmens begründet worden. Ein derartiger Beschluss sei unwirksam, weil er die Rechte des Konstrukteurs in unzulässiger Weise beeinträchtige. Nach § 745 Abs. 3 Satz 2 BGB könne durch eine Verwaltungsentscheidung das Recht des einzelnen Teilhabers auf einen seinem Anteil entsprechenden Bruchteil der Nutzungen nicht ohne seine Zustimmung beeinträchtigt werden. Dieser Grundsatz, so der BGH, gelte auch für die gemeinsame Nutzung eines Patents. Der Hilfsantrag habe sich nur noch auf Leistungen des Erfinders bezogen. Dieses Vorgehen sei zulässig gewesen, um einer nachträglichen Änderung Rechnung zu tragen.

BGH, Urteil vom 27.05.2020 - X ZR 142/18

Redaktion beck-aktuell, 16. Juli 2020.