BGH: Angemessene Entschädigung für vereitelte Karibik-Kreuzfahrt

Auch bei dem vollständigen Ausfall einer Reise hat der Reisende neben der Erstattung des Reisepreises Anspruch auf eine angemessene Entschädigung wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit. Eine Vereitelung der Reise könne allerdings einer durch Reisemängel vollständig entwerteten Reise nicht ohne weiteres gleichstehen. Es könne deshalb nicht stets davon ausgegangen werden, dass eine Entschädigung in Höhe des vollen Reisepreises angemessen ist. Dies geht aus einem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 29.05.2018 hervor (Az.: X ZR 94/17).

Kreuzfahrt scheitert an nicht vorgenommener Buchung

Der Ehemann der Klägerin buchte bei der beklagten Reiseveranstalterin für sich und die Klägerin eine Kreuzfahrt in der Karibik für die Zeit vom 16. bis 30.11.2015 zu einem Gesamtpreis von 4.998 Euro. Die Eheleute konnten die Reise nicht antreten, weil es auf dem Schiff keine Buchung für sie gab. Davon erfuhren sie erst am 13.11.2015. Das Paar unternahm während des vorgesehenen Reisezeitraums eine Reise mit dem Mietwagen durch Florida, für die ihnen Mehrkosten in Höhe von 887,95 Euro entstanden.

Streit um Mehrkosten für Ersatzreise

Das Landgericht hat der Klägerin eine Entschädigung wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit in Höhe von 3.685,20 Euro zugesprochen und die Klage im Übrigen abgewiesen. Auf ihre Berufung hat das Berufungsgericht der Klägerin einen Anspruch auf Zahlung weiterer 887,95 Euro als Ersatz für die Mehrkosten der Ersatzreise zuerkannt und die Berufung im Übrigen zurückgewiesen. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin den Anspruch auf angemessene Entschädigung wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit im von den Vorinstanzen nicht zuerkannten Umfang weiter, während die Beklagte im Weg der Anschlussrevision die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils erstrebt.

BGH: Reise wurde vereitelt

Der BGH hat die Revision der Klägerin jetzt zurückgewiesen und auf die Anschlussrevision der Beklagten das landgerichtliche Urteil wiederhergestellt. Das Berufungsgericht sei zu Recht davon ausgegangen, dass die Reise, zu deren Durchführung die Beklagte vertraglich verpflichtet war, vereitelt worden ist. In einem solchen Fall könne der Reisende ebenso wie bei einer erheblich beeinträchtigten Reise nach § 651f Abs. 2 BGB - neben der Erstattung des Reisepreises - auch wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen.

Nicht mit durch Reisemängel vollständig entwerteter Reise vergleichbar

Die Bemessung der Entschädigung sei grundsätzlich Aufgabe des Tatrichters, dessen Würdigung vom BGH nur in engen Grenzen nachgeprüft werden könne. Sei die Reise wegen Mängeln der Leistung des Veranstalters so erheblich beeinträchtigt worden, dass der Erfolg der Reise (nahezu) vollständig verfehlt worden ist, sei regelmäßig eine Entschädigung in Höhe des vollen Reisepreises angemessen. Im Streitfall habe das Berufungsgericht zutreffend angenommen, dass eine Vereitelung der Reise einer solchen durch Reisemängel vollständig entwerteten Reise nicht ohne weiteres gleichsteht. Bei einer ausgefallenen Reise sei daher nicht stets eine Entschädigung in Höhe des vollen Reisepreises als angemessen anzusehen.

Geringere Beeinträchtigung bei nicht erbrachter Leistung

Zwar möge die Vereitelung der Reise auf den ersten Blick als die am weitesten reichende Form der Beeinträchtigung des vom Reiseveranstalter geschuldeten Reiseerfolgs erscheinen. Auch bei Vereitelung der Reise gehe es aber bei dem Anspruch auf Entschädigung nach § 651f Abs. 2 BGB nicht um eine "zweite Rückerstattung" des Reisepreises. Vielmehr sei allein bezweckt, den Reisenden dafür zu entschädigen, dass er seine Urlaubszeit nicht so verbringen konnte, wie mit dem Veranstalter vereinbart wurde. Die sich daraus ergebende (immaterielle) Beeinträchtigung könne bei groben Mängeln der Reiseleistung erheblich größer sein, als wenn die Reiseleistung bei einer Vereitelung der Reise überhaupt nicht erbracht wird. Da maßgeblich auf den dem Reisenden durch die Vereitelung der Reise entgangenen Nutzen abzustellen ist, sei es für die Höhe der Entschädigung auch unerheblich, wie der Reisende im Fall einer vereitelten Reise die vorgesehene Reisezeit verbracht hat, betonte der BGH.

Reisende konnten über Zeit frei verfügen

Danach weise die Entscheidung des Berufungsgerichts, im Streitfall die Entschädigung mit einem etwa 73% des Reisepreises entsprechenden Betrag zu bemessen, keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Klägerin auf. Das Berufungsgericht habe neben dem Reisepreis nicht nur berücksichtigt, dass es sich bei der ausgefallenen Reise um eine hochwertige und attraktive Kreuzfahrt gehandelt hat, sondern auch, dass die beklagte Reiseveranstalterin die Reise sehr kurzfristig abgesagt und es dadurch der Klägerin und ihrem Ehemann zusätzlich erschwert hat, die vorgesehene Reisezeit in einer ihnen zusagenden anderen Weise zu nutzen. Gleichzeitig habe es in den Blick genommen, dass mit dem völligen Ausfall der Reise zwar die Erwartungen der Reisenden enttäuscht worden sind, diese damit aber über ihre Zeit frei verfügen konnten.

Ersatzreise kann keine Abhilfemaßnahme sein

Die Anschlussrevision der Beklagten ist nach dem Urteil des BGH hingegen begründet, weil die Klägerin nicht geltend gemacht hat, mit der Buchung der Floridareise anstelle der von der Beklagten geschuldeten Kreuzfahrt selbst Abhilfe wegen eines Mangels der Reiseleistung der Beklagten geschaffen zu haben, sondern auch insoweit Schadensersatz wegen Vereitelung der Reise begehrt hat. Ist die Reise jedoch insgesamt vereitelt worden, könnten die Aufwendungen für die unternommene Floridareise nicht gleichzeitig eine Abhilfemaßnahme darstellen, erläuterte der BGH.

BGH, Urteil vom 29.05.2018 - X ZR 94/17

Redaktion beck-aktuell, 30. Mai 2018.

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