Energieversorger darf Preisänderungsklausel an Gesetzeslage anpassen

Ein Fernwärmeunternehmen darf eine unwirksame Preisänderungsklausel auch während des laufenden Versorgungsverhältnisses für die Zukunft einseitig anpassen, wenn diese dann den fernwärmerechtlichen Anforderungen entspricht. Dagegen dürfen laut Bundesgerichtshof wirksam vereinbarte Preise nicht einseitig nach billigem Ermessen geändert werden. Vielmehr seien die Kostenentwicklung und auch die Verhältnisse auf dem Wärmemarkt angemessen zu berücksichtigen.

Überhöhte Fernwärmeentgelte

Eine Kundin verklagte ihre Energieversorgerin auf Rückerstattung der ihrer Ansicht nach für 2011 bis 2015 überzahlten Fernwärmeentgelte von 3.350 Euro. Die Fernwärme wurde in einem Blockheizkraftwerk mit Erdgas erzeugt. Die Rechtsvorgängerin des Versorgers hatte der Abnehmerin im September 2001 einen Fernwärmelieferungsvertrag (Mustervertrag) angeboten. Den lehnte sie ab, nahm aber gleichwohl Fernwärme ab. Die Abrechnungen bis April 2014 basierten auf der Preisbestimmung für Arbeits-, Grund- und Messpreise in § 7 des Mustervertrags. Bis dahin knüpfte die Firma in der Preisänderungsklausel ihre Bemessung an die Preisentwicklung von extraleichtem Heizöl (HEL) an. Weil dies aber die tatsächlichen Brennstoffbezugskosten nicht ausreichend abbildete, stellte sie zum 01.05.2014 ihre Preisbemessung um. Der Preis bestand danach nur noch aus einem Arbeits- und einem Grundpreis, für die zudem gegenüber dem Mustervertrag geänderte Preisgleitklauseln vorgesehen waren. Das AG Ahrensburg verurteilte die Beklagte, der Klägerin für den Zeitraum von 2012 bis 2015 insgesamt 2.812 Euro zu zahlen. Die Berufung des Versorgers scheiterte beim LG Lübeck, da die im Wärmelieferungsvertrag bestehende Preisanpassungsklausel des Musterwärmelieferungsvertrags gegen das Gebot der Kostenorientierung des § 24 Abs. 4 Satz 1 AVBFernwärmeV verstoße. Auf die Anschlussberufung der Kundin verurteilte das LG ihn zur Zahlung weiterer 510 Euro betreffend die Abrechnung von 2011. Die Revision der Beklagten beim BGH hatte teilweise Erfolg.

Kostenentwicklung ist klärungsbedürftig

Dem VIII. Zivilsenat zufolge war die Fernwärmeunternehmerin nach § 4 Abs. 1 und 2 in Verbindung mit § 24 Abs. 4 AVBFernwärmeV berechtigt, die von ihr bis einschließlich April 2014 verwendete unwirksame Klausel (§ 7 Abs. 2 des Mustervertrags) auch während des laufenden Versorgungsverhältnisses mit Wirkung für die Zukunft an die Anforderungen des § 24 Abs. 4 AVBFernwärmeV anzupassen, um auf dieser Grundlage fortan den von der Klägerin geschuldeten Wärmepreis zu berechnen. Demgegenüber seien Fernwärmeversorger nicht berechtigt, wirksam vereinbarte Preise einseitig nach billigem Ermessen zu ändern (§ 315 BGB). Die obersten Bundesrichterinnen und Bundesrichter monierten, dass das LG bislang keine Feststellungen getroffen habe, ob die von der Beklagten gegenüber ihrer Kundin ab Mai 2014 verwendete Preisanpassungsklausel nach Maßgabe des § 24 Abs. 4 Satz 1 AVBFernwärmeV sowohl die Kostenentwicklung bei Erzeugung und Bereitstellung der Fernwärme durch den Versorger als auch die jeweiligen Verhältnisse auf dem Wärmemarkt angemessen berücksichtige. Der BGH verwies die Sache daher an das LG zurück.

BGH, Urteil vom 26.01.2022 - VIII ZR 175/19

Redaktion beck-aktuell, 24. März 2022.