Elf Stunden Verspätung – keine Ausgleichszahlung bei Streik
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Ein Lotsenstreik, der verhindert, dass ein Flugzeug rechtzeitig am folgenden Tag bereitsteht, kann die Ausgleichspflicht der Fluggesellschaft ausschließen. Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass der Streik auch dann einen außergewöhnlichen Umstand bildet, wenn er nur eine Verbindung am Vortag betrifft. Solange die Gesellschaft keine zumutbare Möglichkeit hat, die Verspätung zu verhindern, muss sie ihre Passagiere nicht entschädigen.

Flugverspätung

Drei Reisende wollten morgens um halb neun von Kos nach Frankfurt am Main fliegen, laut Buchung sollten sie um kurz vor zwölf landen. Stattdessen starteten sie erst um 18 Uhr 50 und kamen um knapp 22 Uhr an. Sie verlangten deshalb 1.200 Euro Ausgleichszahlung von der Fluggesellschaft. Diese lehnte ab: Wegen eines Fluglotsenstreiks in Frankreich am Vortag sei das für den Flug vorgesehene Flugzeug nicht rechtzeitig in Kos gewesen. Ein Ersatzflieger habe nicht bereitgestanden. Das Amtsgericht und das Landgericht Frankfurt wiesen die Klage ab. Die Fluggäste verfolgten ihren Anspruch vor dem Bundesgerichtshof weiter - ohne Erfolg.

Fluglotsenstreik ist außergewöhnlicher Umstand

Auch der Bundesgerichtshof verneinte den Ausgleichsanspruch nach Art. 7 Abs. 1a und Art. 5 Abs. 1c der Fluggastrechteverordnung: Denn nach Art. 5 Abs. 3 VO sei die Fluggesellschaft von der Ausgleichspflicht befreit, wenn die Verspätung auf einem außergewöhnlichen Umstand beruhe, der für das Luftverkehrsunternehmen ein nicht beherrschbares Ereignis sei. Ein Fluglotsenstreik, der dazu führe, dass die vorgesehene Maschine nicht rechtzeitig zum Startflughafen kommen könne, sei ein solches Ereignis.

Streik hat zur Verspätung geführt

Obwohl der Streik nicht den Flug Kos-Frankfurt an sich betraf, sondern nur den Flug der Maschine von Frankfurt nach Teneriffa am Vortag, ist er laut dem X. Zivilsenat ursächlich für die Verspätung des Flugs gewesen. Sowohl der Wortlaut der Norm als auch die Abwägung der Parteiinteressen ergäben, dass ein enger zeitlicher und inhaltlicher Zusammenhang zwischen dem Ereignis und der Verspätung gegeben sein müsse - das heiße aber nicht, dass Ereignis und Verspätung am selben Tag stattfinden müssten. Die Fluggesellschaft habe auch darlegen können, dass sie die Verspätung mit den ihr zur Verfügung stehenden Mittel nicht habe verhindern können. Sie muss den Karlsruher Richtern zufolge nicht überall ein Ersatzflugzeug vorhalten. 

BGH, Urteil vom 06.04.2021 - X ZR 11/20

Redaktion beck-aktuell, 11. Juni 2021.