Elf Stun­den Ver­spä­tung – keine Aus­gleichs­zah­lung bei Streik
flugzeug_schild_streik_CR_ Animaflora PicsStock_adobe
© Animaflora PicsStock / stock.adobe.com
flugzeug_schild_streik_CR_ Animaflora PicsStock_adobe

Ein Lot­sen­streik, der ver­hin­dert, dass ein Flug­zeug recht­zei­tig am fol­gen­den Tag be­reit­steht, kann die Aus­gleichs­pflicht der Flug­ge­sell­schaft aus­schlie­ßen. Der Bun­des­ge­richts­hof hat ent­schie­den, dass der Streik auch dann einen au­ßer­ge­wöhn­li­chen Um­stand bil­det, wenn er nur eine Ver­bin­dung am Vor­tag be­trifft. So­lan­ge die Ge­sell­schaft keine zu­mut­ba­re Mög­lich­keit hat, die Ver­spä­tung zu ver­hin­dern, muss sie ihre Pas­sa­gie­re nicht ent­schä­di­gen.

Flug­ver­spä­tung

Drei Rei­sen­de woll­ten mor­gens um halb neun von Kos nach Frank­furt am Main flie­gen, laut Bu­chung soll­ten sie um kurz vor zwölf lan­den. Statt­des­sen star­te­ten sie erst um 18 Uhr 50 und kamen um knapp 22 Uhr an. Sie ver­lang­ten des­halb 1.200 Euro Aus­gleichs­zah­lung von der Flug­ge­sell­schaft. Diese lehn­te ab: Wegen eines Flug­lot­sen­streiks in Frank­reich am Vor­tag sei das für den Flug vor­ge­se­he­ne Flug­zeug nicht recht­zei­tig in Kos ge­we­sen. Ein Er­satz­flie­ger habe nicht be­reit­ge­stan­den. Das Amts­ge­richt und das Land­ge­richt Frank­furt wie­sen die Klage ab. Die Flug­gäs­te ver­folg­ten ihren An­spruch vor dem Bun­des­ge­richts­hof wei­ter - ohne Er­folg.

Flug­lot­sen­streik ist au­ßer­ge­wöhn­li­cher Um­stand

Auch der Bun­des­ge­richts­hof ver­nein­te den Aus­gleichs­an­spruch nach Art. 7 Abs. 1a und Art. 5 Abs. 1c der Flug­gast­rech­te­ver­ord­nung: Denn nach Art. 5 Abs. 3 VO sei die Flug­ge­sell­schaft von der Aus­gleichs­pflicht be­freit, wenn die Ver­spä­tung auf einem au­ßer­ge­wöhn­li­chen Um­stand be­ru­he, der für das Luft­ver­kehrs­un­ter­neh­men ein nicht be­herrsch­ba­res Er­eig­nis sei. Ein Flug­lot­sen­streik, der dazu führe, dass die vor­ge­se­he­ne Ma­schi­ne nicht recht­zei­tig zum Start­flug­ha­fen kom­men könne, sei ein sol­ches Er­eig­nis.

Streik hat zur Ver­spä­tung ge­führt

Ob­wohl der Streik nicht den Flug Kos-Frank­furt an sich be­traf, son­dern nur den Flug der Ma­schi­ne von Frank­furt nach Te­ne­rif­fa am Vor­tag, ist er laut dem X. Zi­vil­se­nat ur­säch­lich für die Ver­spä­tung des Flugs ge­we­sen. So­wohl der Wort­laut der Norm als auch die Ab­wä­gung der Par­tei­in­ter­es­sen er­gä­ben, dass ein enger zeit­li­cher und in­halt­li­cher Zu­sam­men­hang zwi­schen dem Er­eig­nis und der Ver­spä­tung ge­ge­ben sein müsse - das heiße aber nicht, dass Er­eig­nis und Ver­spä­tung am sel­ben Tag statt­fin­den müss­ten. Die Flug­ge­sell­schaft habe auch dar­le­gen kön­nen, dass sie die Ver­spä­tung mit den ihr zur Ver­fü­gung ste­hen­den Mit­tel nicht habe ver­hin­dern kön­nen. Sie muss den Karls­ru­her Rich­tern zu­fol­ge nicht über­all ein Er­satz­flug­zeug vor­hal­ten. 

BGH, Urteil vom 06.04.2021 - X ZR 11/20

Redaktion beck-aktuell, 11. Juni 2021.

Mehr zum Thema