Einzelnes WEG-Mitglied kann keine Schadenersatzansprüche stellen

Ein Wohnungseigentümer kann sich auch nach der WEG-Reform 2020 weiterhin selbst gegen Störungen des Sondereigentums wehren, auch wenn zugleich das Gemeinschaftseigentum davon betroffen ist. Dies bezieht sich laut Bundesgerichtshof aber nur auf Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche. Einen Schadenersatzanspruch könne nur die Gemeinschaft der Eigentümer verlangen.

Nießbraucher verlangt Schadenersatz für seine Tochter

Ein Vater verlangte in Prozessstandschaft vom Nachbarn seiner Tochter Schadenersatz von 55.000 Euro wegen einer Beeinträchtigung der Aussicht aus der Wohnung der Tochter auf die Elbe. Die Tochter und der Nachbar waren Mitglieder einer Wohnungseigentümergemeinschaft in einem Mehrfamilienhaus; dem Vater war ein Nießbrauch an der Bleibe seines Kindes eingeräumt worden. 2012 errichtete der andere Anwohner auf dem Grundstück ein Einzelhaus, das nach Ansicht der Familien die vereinbarte Geschosszahl sowie Gebäudehöhe – entgegen der Teilungserklärung aus dem Jahr 1973 – überschritt und der Frau den Ausblick verbaute. Die Klage scheiterte sowohl beim Amtsgericht Hamburg-Blankenese als auch beim Landgericht Hamburg: Dass die nach dem Aufteilungsplan erlaubte Maximalhöhe des zu errichtenden Einzelhauses von 56,40 Metern über Normalnullpunkt überschritten werde, behaupte der Kläger nämlich selbst nicht. Infolgedessen fehle es jedenfalls an der Kausalität zwischen dem Schaden und einer Pflichtverletzung des beklagten Eigentümers. Auch seine beim BGH dagegen eingelegte Revision führte für den Familienvater nicht zum Ziel.

BGH: Klage wegen fehlender Prozessführungsbefugnis der Tochter unzulässig

Aus Sicht des V. Zivilsenats ist die Klage bereits unzulässig. Ihre Zulässigkeit setze jedenfalls voraus, dass die Wohnungseigentümerin, deren Rechte der Vater als Prozessstandschafter wahrnehme, ihrerseits prozessführungsbefugt wäre. Daran fehle es aber im Hinblick auf Zahlungsansprüche, weil das Recht, von der Störungsbeseitigung abzusehen und stattdessen Schadenersatz zu verlangen, sowohl nach § 9a Abs. 2 WEG als auch in Anwendung von § 10 Abs. 6 Satz 3 Halbsatz 1 WEG aF nur durch den Verband ausgeübt werden könne. Daneben könne ein Eigentümer nur unter den Voraussetzungen von § 14 Abs. 3 WEG Ausgleich in Geld verlangen. Ein solcher Ausgleichsanspruch sei allerdings nicht Gegenstand der Klage, denn er setze voraus, dass eine unzumutbare Einwirkung nicht abgewehrt werden könne, sondern geduldet werden müsse; der Vater habe die Störung jedoch bewusst hingenommen und daher Schadenersatz statt der Beseitigung nach §§ 280, 281 BGB verlangt.

BGH, Urteil vom 11.06.2021 - V ZR 41/19

Redaktion beck-aktuell, 23. Juli 2021.