Eintritt des Rechtsschutzfalls bei Direktanspruch gegen Haftpflichtversicherung

Bei Geltendmachung des Direktanspruchs gegen den Haftpflichtversicherers eines Schädigers handelt es sich dann um einen Rechtsschutzfall für Schadenersatz, wenn der Anspruch auf einer bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung beruht. Dem steht laut Bundesgerichtshof nicht entgegen, dass der Direktanspruch lediglich im Rahmen der Leistungspflicht vom Versicherer zu erfüllen ist. An dessen Qualifikation als Schadenersatzanspruch aus Sicht des Rechtsschutzversicherten ändere dies nichts.

23.000 Euro Schaden durch fehlerhaftes Prospekt

Ein Versicherungsnehmer verklagte einen Rechtsschutzversicherer, ihm wegen Schadenersatzes Deckungsschutz zur außergerichtlichen Wahrnehmung seiner Interessen gegenüber einer Berufshaftpflichtversicherung nach § 115 VVG zu gewähren. Er war bei der Beklagten von 1992 bis 2019 rechtsschutzversichert unter anderem für die Leistungsart "Schadenersatz-Rechtsschutz". Dem Vertrag lagen die "NRV 2005 PLUS Allgemeine Bedingungen für die Rechtsschutzversicherung (ARB)" zugrunde. Im Februar 2014 hatte der Kläger bei einer Stiftung Anlagegold für insgesamt 23.000 Euro erworben. Das Prospekt hatte falsche Angaben, unter anderem zur Insolvenzfestigkeit der Anlage, enthalten. Für dessen Inhalt war eine Rechtsanwaltsgesellschaft mbH als Garantin und berufsmäßige Sachkennerin verantwortlich. Sie war bei der E Versicherung AG berufshaftpflichtversichert. Im Februar 2016 ordnete die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht die Abwicklung der Einlagengeschäfte an. Die inzwischen insolvente Anwalts-GmbH zahlte ihm nichts. Auch von deren Assekuranz bekam er kein Geld. Die Beklagte erteilte keine Deckungszusage für ein Vorgehen gegen die Berufshaftpflichtversicherung, die Ansprüche seien aus ihrer Sicht bereits verjährt.

LG verneint Schadenersatzanspruch

Sowohl das Amtsgericht Mannheim als auch das dortige Landgericht verneinten einen Versicherungsfall bezüglich des Anspruchs gegenüber der AG im versicherten Zeitraum. Bei der Geltendmachung eines Direktanspruchs gegen den Vermögensschaden-Haftpflichtversicherer nach § 115 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 VVG handele es sich um einen eigenständigen Rechtsschutzfall nach § 4 Nr. 1 c) ARB. Ein Rechtsverhältnis zwischen dem Kläger und der AG sei erst mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstanden. Die Revision des Klägers beim BGH hatte Erfolg und führte zur Zurückverweisung.

Schadenersatzanspruch aus Prospekthaftung

Das LG hätte dem IV. Zivilsenat zufolge den Anspruch des Klägers auf Rechtsschutz für die außergerichtliche Wahrnehmung seiner Interessen gegenüber der Versicherung mit dieser Begründung nicht verneinen dürfen. Entgegen der Ansicht der Richter des Mannheimer LG habe der Kläger gegen die AG nach § 2 a) ARB einen Schadenersatzanspruch geltend gemacht. Denn er habe die GmbH als Schädigerin aus bürgerlich-rechtlicher Prospekthaftung in Anspruch genommen, deren Rechtsfolge die Verpflichtung der GmbH zur Naturalrestitution nach § 249 BGB wäre. Dem stehe auch nicht entgegen, dass der Direktanspruch nur im Rahmen der Leistungspflicht des Versicherers aus dem Versicherungsverhältnis bestehe (§ 115 Abs. 1 Satz 2 VVG) und lediglich in Geld zu erfüllen sei (§ 115 Abs. 1 Satz 3 VVG).

Mutwilligkeit oder fehlende Erfolgsaussicht noch klärungsbedürftig

Ob dem Kläger deshalb kein Anspruch auf Rechtsschutz zustehe, weil die Wahrnehmung seiner Interessen gegenüber der AG – wie die Beklagte behaupte – mutwillig sei oder wegen einer Verjährung des Direktanspruchs keine hinreichende Erfolgsaussicht habe, müsse das OLG nunmehr klären.

BGH, Urteil vom 15.02.2023 - IV ZR 312/21

Redaktion beck-aktuell, 22. März 2023.