Eine KG forderte Einsicht in die Nachlassakten ihres 2021 verstorbenen Kommanditisten. Laut des Gesellschaftsvertrags konnten Gesellschafter durch letztwillige Verfügungen über ihre Gesellschaftsbeteiligung verfügen, durften aber stets nur einen Nachfolger in ihre Gesellschafterstellung benennen. Die Witwe erhielt einen Erbschein, der sie als Alleinerbin des Verstorbenen auswies. Die Firma beantragte Einsicht in die Nachlassakten, da die Hinterbliebene angeblich die Erbschaft ausgeschlagen habe. Die Witwe selbst gab zu Protokoll, sie habe die Ausschlagungserklärung angefochten. Das Nachlassgericht verweigerte die Einsicht. Das OLG Hamm wies es an, das Auskunftsersuchen neu zu bescheiden. Der KG stehe als verfahrensfremder Dritter gegen die vom Nachlassgericht nach § 13 Abs. 2 und Abs. 7 FamFG (Akteneinsichtsgesuch eines Dritten) getroffene Entscheidung über die Nichtgewährung der Einsicht in die Nachlassakten der Rechtsweg nach § 23 EGGVG (Rechtsweg gegen Maßnahmen der Justizbehörden) zu. Sie habe ein Interesse zu wissen, wer nach dem Tod des Kommanditisten dessen Nachfolger geworden sei. Die Rechtsbeschwerde der Witwe hatte keinen Erfolg.
Der für das Erbrecht zuständige IV. Zivilsenat des BGH pflichtete dem OLG bei (Beschluss vom 15.11.2023 – IV ZB 6/23). Dabei entschied er die bislang umstrittene Frage, ob sich der Rechtsweg in diesen Fällen nach § 23 EGGVG oder nach § 58 Abs. 1 FamFG richtet: Jedenfalls bei der Entscheidung über das Akteneinsichtsgesuch bei abgeschlossenen Nachlassverfahren handele es sich wie hier funktionell um einen Justizverwaltungsakt, über den im Verfahren nach §§ 23 ff. EGGVG zu entscheiden ist. Der Wortlaut des § 13 Abs. 7 FamFG ("Über die Akteneinsicht entscheidet das Gericht, bei Kollegialgerichten der Vorsitzende") stehe dieser Auslegung nicht entgegen. Dafür sprächen auch die Gesetzesmaterialien ("soweit es sich bei der Entscheidung über ein Akteneinsichtsgesuch um einen Justizverwaltungsakt handelt, (…) hiergegen die Beschwerde nach § 23 EGGVG").
BGH: Berechtigtes Interesse liegt vor
"Das OLG (… habe) rechtsfehlerfrei angenommen, die (…KG) habe für die Beurteilung, wer nach dem Tod des bisherigen Kommanditisten dessen Rechtsnachfolger geworden ist, ein berechtigtes Interesse auf Einsicht in die Nachlassakten glaubhaft dargelegt." So könne es für die KG von Interesse sein, wer anstelle des verstorbenen Kommanditisten in ihre Gesellschaft eingetreten ist. Für den Fall, dass die Witwe nicht an die Stelle des Erblassers getreten sein sollte, könne für die Firma interessant sein zu erfahren, ob weitere Nachfolger benannt sind. Anhaltspunkte dafür könne allein die Einsichtnahme in die Nachlassakte liefern.