Eingeschränkter Drittauskunftsanspruch bei rechtswidriger Werbung

Wer Werbung im Internet anbietet und die Anzeige mit einer Seite des Werbenden verlinkt, schuldet als Werbeanbieter keine Auskunft über den Zeitpunkt der Schaltung. Dasselbe gilt dem Bundesgerichtshof zufolge auch für die Anzahl der Klicks und das Entgelt der Inserate. Denn die markenrechtliche Auskunftspflicht beziehe sich grundsätzlich nicht auf Werbemittel.

Markenrechte durch AdWords-Anzeige verletzt

Die Inhaberin einer Wortmarke, unter anderem eingetragen für die "Entsorgung und Verwertung von Abfall durch Recycling", machte Auskunftsansprüche zur Vorbereitung von Schadensersatzansprüchen gegen den Besteller einer Internetanzeige geltend. Im November 2017 hatte sie auf www.google.de bei Eingabe der Suchwörter "Alba Recycling" eine AdWords-Anzeige entdeckt, die zu einem anderen Entsorgungsunternehmen verlinkte und eine Verletzung ihrer Rechte darstellte. Nachdem die Klägerin bei der Beklagten eine sogenannte Markenbeschwerde erhoben hatte, löschte das Technologieunternehmen das Inserat. Das Unternehmen verlangte zusätzlich unter anderem Auskunft über den Zeitpunkt der Schaltung der Werbeanzeige, die Anzahl generierter Klicks und welche Entgelte der Inserent gezahlt hatte.

KG: Auskunft über den Zeitpunkt der Veröffentlichung

Während die Markeninhaberin beim LG Berlin vollumfänglich Recht bekam, gab das dortige Kammergericht lediglich ihrem Anspruch auf Auskunft über den Zeitpunkt statt, ab dem die Anzeige auf der Webseite sichtbar gewesen sei. Nach § 19 Abs. 1 MarkenG sei nicht nur die Auskunft über den Vertriebsweg geschuldet, sondern auch auf die Angabe, wann dieser eröffnet worden sei. Die Revision des Tech-Riesen beim BGH hatte Erfolg.

Nicht auf Dienstleistungen bezogen

Dem I. Zivilsenat zufolge war die Auskunftsklage abzuweisen. Der Umfang der Auskunftspflichten von Verletzern von Kennzeichenrechten und bestimmten Dritten über die Herkunft und den Vertriebsweg von widerrechtlich gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen nach § 19 Abs. 1 MarkenG beschränke sich auf die in § 19 Abs. 3 MarkenG ausdrücklich genannten Angaben. Darüber hinaus könnten keine weitergehenden Auskunftspflichten abgeleitet werden. Die Regelung in § 19 Abs. 3 Nr. 2 MarkenG begründe - ebenso wie Art. 8 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2004/48/EG (Schutz der Rechte an geistigem Eigentum) - nach ihrem Wortlaut unmittelbar nur eine Auskunftspflicht betreffend "die Menge der hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Waren" sowie "über die Preise, die für die betreffenden Waren oder Dienstleistungen bezahlt wurden". Die Auskunftspflicht beziehe sich damit lediglich auf "die Menge von Waren" und nicht auf "die Menge von Dienstleistungen". Nicht davon erfasst werde insofern die Angabe zum Zeitpunkt der Veröffentlichung einer Werbeanzeige im Internet, da es sich dabei um Werbemittel handele - mangels einer planwidrigen Regelungslücke auch nicht in entsprechender Anwendung des § 19 MarkenG. Nichts anderes gelte für die Anzahl der Klicks auf einer rechtsverletzende Internetanzeige sowie für das Entgelt der Inserate.

BGH, Urteil vom 14.07.2022 - I ZR 121/21

Redaktion beck-aktuell, 17. Oktober 2022.