Standesamt verweigerte gleichgeschlechtlicher Ehefrau Eintrag als weitere Mutter
Die Kindesmutter und die Antragstellerin lebten seit Mai 2014 in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft. Nach Einführung der "Ehe für alle" schlossen sie am 12.10.2017 durch Umwandlung dieser Lebenspartnerschaft die Ehe. Am 03.11.2017 wurde das Kind geboren, das aufgrund gemeinsamen Entschlusses der beiden Frauen durch medizinisch assistierte künstliche Befruchtung mit Spendersamen einer Samenbank gezeugt worden war. Im Geburtenregister wurde die Mutter eingetragen, nicht aber ihre Ehefrau als weiterer Elternteil. Diese beantragte daraufhin erfolglos beim Standesamt, den Geburtseintrag dahingehend zu berichtigen, dass sie als weitere Mutter aufgeführt werde.
OLG hob amtsgerichtliche Weisung zur Eintragung auf
Dem Antrag der Ehefrau folgend wies das Amtsgericht den Standesbeamten an, sie "als weiteres Elternteil beziehungsweise als weitere Mutter" einzutragen. Auf die hiergegen vom Standesamt und der Standesamtsaufsicht eingelegten Beschwerden hob das Oberlandesgericht den amtsgerichtlichen Beschluss auf und wies den Antrag der Ehefrau zurück.
BGH: Abstammungsregelung in § 1592 Nr. 1 BGB nicht auf Ehe zweier Frauen anwendbar
Die dagegen eingelegte Rechtsbeschwerde hatte keinen Erfolg. Das Geburtenregister sei nicht unrichtig, weil die Ehefrau der Kindesmutter nicht mit der Geburt rechtlicher Elternteil des Kindes geworden ist. Die allein in Betracht zu ziehende Elternstellung gemäß oder entsprechend § 1592 Nr. 1 BGB scheide aus, weil diese Vorschrift weder unmittelbar noch analog auf die Ehe zweier Frauen anwendbar ist. Mit dem am 01.10.2017 in Kraft getretenen Gesetz zur Einführung des Rechts auf Eheschließung für Personen gleichen Geschlechts vom 20.07.2017 ("Ehe für alle") habe der Gesetzgeber zwar die gleichgeschlechtliche Ehe eingeführt, aber das Abstammungsrecht (noch) nicht geändert. Die direkte Anwendung des § 1592 Nr. 1 BGB komme bereits deshalb nicht in Betracht, weil die Norm nach ihrem klaren Wortlaut allein die Vaterschaft regele. Die Abstammungsregeln der §§ 1591 ff. BGB hätten nach wie vor die Eltern-Kind-Zuordnung zu einer Mutter und einem Vater unterschiedlichen Geschlechts zum Gegenstand.
Keine planwidrige Regelungslücke - Abstammungsrecht bewusst noch nicht reformiert
Die Vorschrift sei auch nicht entsprechend anwendbar, weil die Voraussetzungen für eine Analogie nicht vorliegen, so der BGH weiter. Das Gesetz weise schon keine planwidrige Regelungslücke zu der Frage einer Mit-Elternschaft bei gleichgeschlechtlichen Ehepaaren auf, da der Gesetzgeber trotz des gewollten Diskriminierungsabbaus durch das Gesetz zur "Ehe für alle" bislang bewusst von einer Reform des Abstammungsrechts Abstand genommen habe. Dies belege der Umstand, dass das Bundesjustizministerium einen Arbeitskreis eingesetzt habe, der eine umfassende Reform des Abstammungsrechts habe vorbereiten sollen und sich dabei auch intensiv mit der Frage gleichgeschlechtlicher Elternschaft befasst habe. Dieser habe seinen Abschlussbericht am 04.07.2017 und damit wenige Tage vor Erlass des Gesetzes zur "Ehe für alle" vorgelegt, sodass der Bericht nicht mehr in das Gesetz zur Neuregelung der Ehe vom 20.07.2017 einfließen konnte.
Fehlende Vergleichbarkeit: Gleichgeschlechtliche Ehe bildet tatsächliche Abstammung nicht ab
Daneben fehlt es laut BGH auch an der für eine entsprechende Anwendung erforderlichen Vergleichbarkeit der gleichgeschlechtlichen Ehe zweier Frauen mit der von § 1592 Nr. 1 BGB geregelten Elternschaft des mit der Kindesmutter verheirateten Mannes. Die Vaterschaft kraft Ehe beruhe darauf, dass diese rechtliche Eltern-Kind-Zuordnung auch die tatsächliche Abstammung regelmäßig abbildet. Die der gesetzlichen Regelung zugrunde liegende widerlegbare Vermutung der Vaterschaft sei für die mit der Kindesmutter verheiratete Frau dagegen keinesfalls begründet.
Unterschiedliche Behandlung sachlich gerechtfertigt
Der BGH sieht in der bestehenden Rechtslage auch keinen Verstoß gegen das Grundgesetz oder die Europäische Menschenrechtskonvention. Insbesondere stelle es keine Ungleichbehandlung im Sinne von Art. 3 Abs. 1 GG dar, dass die Ehefrau der Kindesmutter anders als ein Ehemann nicht allein aufgrund der bei Geburt bestehenden Ehe von Gesetzes wegen rechtlicher Elternteil des Kindes sei. Vielmehr sei die Situation insoweit verschieden, als die Ehefrau rein biologisch nicht leiblicher Elternteil des Kindes sein könne. Dieser Unterschied rechtfertige die im Rahmen des Abstammungsrechts nach wie vor bestehende abweichende Behandlung gleich- und verschieden-geschlechtlicher Ehepaare und deren Kinder. Die Ehefrau einer Kindesmutter bleibe daher jedenfalls bis zu einer gesetzlichen Neuregelung auf eine Adoption nach § 1741 Abs. 2 Satz 3 BGB verwiesen, um in die rechtliche Elternstellung zu gelangen.