Doc­Mor­ris darf Ver­brau­cher nicht mit Ge­winn­spiel lo­cken
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Apo­the­ken dür­fen Ver­brau­cher nicht mit einem Ge­winn­spiel dazu ver­lo­cken, ihr Re­zept bei ihnen statt bei der Kon­kur­renz ein­zu­lö­sen. Eine sol­che Wer­bung be­ein­flus­se die Kun­den un­sach­lich, ent­schied der Bun­des­ge­richts­hof nach einer Klage der Apo­the­ker­kam­mer Nord­rhein gegen die nie­der­län­di­sche Ver­san­d­apo­the­ke Doc­Mor­ris. Das Ur­teil aus dem No­vem­ber wurde am Don­ners­tag in Karls­ru­he ver­öf­fent­licht.

Chan­ce auf E-Bike bei Re­zeptein­sen­dung

Doc­Mor­ris hatte im März 2015 bun­des­weit mit einem Flyer für ein "Gro­ßes Ge­winn­spiel" ge­wor­ben – Haupt­preis: ein E-Bike für 2.500 Euro. "Jetzt Re­zept ein­sen­den und ge­win­nen!", lau­te­te die Auf­for­de­rung. Für die Plät­ze zwei bis zehn soll­te es eine elek­tri­sche Zahn­bürs­te geben. Das Ober­lan­des­ge­richt Frank­furt am Main hatte Doc­Mor­ris 2018 un­ter­sagt, so ein Ge­winn­spiel noch ein­mal zu ver­an­stal­ten (MPR 2019, 85). An­ders als die Apo­the­ker­kam­mer sahen die Rich­ter zwar nicht die Ge­fahr, dass sich je­mand ein Me­di­ka­ment ver­schrei­ben las­sen könn­te, das er gar nicht braucht – nur um eine Chan­ce auf die Prei­se zu haben. Es sei aber nicht aus­zu­schlie­ßen, dass ein Pa­ti­ent on­line be­stel­le "ohne zu er­wä­gen, dass der Er­werb des Arz­nei­mit­tels bei einer sta­tio­nä­ren Apo­the­ke sei­nen per­sön­li­chen Be­dürf­nis­sen mehr ent­spre­che". So be­stehe nur dort die Mög­lich­keit, un­auf­ge­for­dert be­ra­ten zu wer­den – zum Bei­spiel über Wech­sel­wir­kun­gen mit an­de­ren Me­di­ka­men­ten.

BGH be­stä­tigt Vor­in­stanz nach Be­fra­gung des EuGH

Das sehen die obers­ten Zi­vil­rich­te­rin­nen und -rich­ter des BGH ge­nau­so. Zwar habe ein Arzt das Arz­nei­mit­tel ver­schrie­ben. "Dies be­deu­tet je­doch nicht, dass in jedem Fall eine zwei­te un­auf­ge­for­der­te Be­ra­tung durch einen Apo­the­ker ent­behr­lich ist." Die Karls­ru­her Rich­ter hat­ten den Fall zu­nächst dem Eu­ro­päi­schen Ge­richts­hof vor­ge­legt (GRUR 2020, 659). Nach des­sen Aus­kunft ist auf EU-Ebene nur die Wer­bung für ein be­stimm­tes Arz­nei­mit­tel ge­re­gelt. Hier ging es um Wer­bung für das ge­sam­te Sor­ti­ment einer Apo­the­ke. Laut EuGH dür­fen na­tio­na­le Ver­bo­te aber auch wei­ter­ge­hen­der sein (PharmR 2021, 589). EuGH und BGH sehen auch nicht den frei­en Wa­ren­ver­kehr be­ein­träch­tigt. Das deut­sche Ver­bot von Ge­winn­spie­len gelte ja nicht nur für On­line-An­bie­ter, son­dern ge­nau­so für die her­kömm­li­chen Apo­the­ken. Der Fall muss nun nur wegen eines Ran­das­pekts noch ein­mal in Frank­furt ver­han­delt wer­den. In den wich­ti­gen Punk­ten ist Doc­Mor­ris un­ter­le­gen.

BGH, Urteil vom 18.11.2021 - I ZR 214/18

Redaktion beck-aktuell, 17. Februar 2022 (dpa).