Die Ankündigung eines Antrags ist kein Antrag

Kündigt ein Rechtsanwalt dem Gericht an, dass die Berufungsbegründungsfrist wohl verlängert werden müsse, muss er diesen Verlängerungsantrag konkret auch stellen. Der Bundesgerichtshof lehnte ein Wiedereinsetzungsgesuch nach Ablauf der Frist ab, weil der Anwalt durch einen rechtzeitigen Antrag die Wiedereinsetzung hätte entbehrlich machen können. Die bloße Ankündigung könne auch nicht als konkreter Antrag verstanden werden.

Wegen ausstehender Akteneinsicht Berufungsbegründungsfrist versäumt

Gegen eine Klägerin lief ein strafrechtliches Einziehungsverfahren, wobei sie viel Geld verlor. Sie ging deshalb erfolglos vor dem Landgericht Dresden gegen das Land Sachsen wegen Schadensersatz in Höhe von rund 78.000 Euro vor. Sie wechselte den Prozessbevollmächtigten, der für sie die Berufung einlegte und Akteneinsicht in die Prozessakten beantragte. Weiter verlangte er, die zugrundeliegende Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft beizuziehen und ihm auch hierin Akteneinsicht zu gewähren. Er schrieb ferner: "Der Unterzeichner kündigt aus diesem Grund bereits jetzt an, dass die Frist zur Begründung der Berufung verlängert werden muss." Knapp eine Woche nach Ablauf der Frist erinnerte der Anwalt daran, dass er noch keine Akteneinsicht bekommen habe und davon ausgehe, dass die reguläre (einmonatige) Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist durch den Senat gewährt worden sei. Nunmehr beantrage er die weitere Verlängerung der Frist um einen Monat. Anschließend begründete er die Berufung und beantragte die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Das Berufungsgericht wies die Berufung als unzulässig ab. Auch die Rechtsbeschwerde vor dem Bundesgerichtshof blieb ohne Erfolg.

Säumnis war verschuldet

Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wurde zu Recht abgelehnt, erklärte der BGH, weil die Klägerin die Berufungsbegründungsfrist verschuldet versäumt hat. Ihr Anwalt hätte den Verlängerungsantrag nach § 520 Abs. 2 Satz 2 und 3 ZPO vor Ablauf der Frist stellen müssen. Eine sorgfältige Bearbeitung des Mandats erfordert dem III. Zivilsenat zufolge ein rechtzeitiges Handeln, das eine Wiedereinsetzung entbehrlich macht. Die Ankündigung, dass die Frist "verlängert werden muss", kann laut den Karlsruher Richtern nicht als Fristverlängerungsantrag gedeutet werden: Dagegen spreche zum einen der Wortlaut, die Ankündigung eines Antrags könne nicht als Antrag selbst verstanden werden – vor allem nicht bei einem Rechtsanwalt. Auch der Zusammenhang im Schriftsatz, in dem er verschiedene Anträge konkret gestellt habe, mache deutlich, dass er den Verlängerungsantrag erst künftig stellen werde.

BGH, Beschluss vom 27.04.2023 - III ZB 46/22

Redaktion beck-aktuell, 26. Juni 2023.