Private Konkurrentin klagt
Die Klägerin bietet meteorologische Dienstleistungen wie Wetterberichte über das Internet und über eine App für mobile Endgeräte an. Die App der Klägerin ist in der Standard-Version kostenlos und werbefinanziert und in einer werbefreien Version gegen Entgelt erhältlich.
DWD-Aufgaben gesetzlich geregelt
Der Deutsche Wetterdienst (DWD) ist der nationale meteorologische Dienst der beklagten Bundesrepublik Deutschland. Seine Aufgaben sind in § 4 Abs. 1 DWDG geregelt. Dazu gehören etwa die Erbringung meteorologischer Dienstleistungen für die Allgemeinheit (§ 4 Abs. 1 Nr. 1 DWDG) und die Herausgabe amtlicher Warnungen über Wettererscheinungen (§ 4 Abs. 1 Nr. 3 DWDG). Für seine Dienstleistungen verlangt der DWD grundsätzlich eine Vergütung (§ 6 Abs. 2 Satz 1 DWDG). Die Herausgabe von amtlichen Warnungen über Wettererscheinungen an die Allgemeinheit ist allerdings entgeltfrei (§ 6 Abs. 2a DWDG). Solche unentgeltlichen Leistungen darf der DWD nach § 4 Abs. 6 DWDG selbst öffentlich verbreiten.
DWD stellt App mit allgemeinen Wetterinformationen kostenlos und werbefrei bereit
Seit Juni 2015 bietet der DWD eine "DWD WarnWetter-App" für mobile Endgeräte an. Mit dieser App können nicht nur Wetterwarnungen, sondern auch zahlreiche allgemeine Informationen zum Wetter einschließlich detaillierter Wetterberichte abgerufen werden. Diese App war – in der dem Rechtsstreit zugrunde liegenden Version – für alle Inhalte unentgeltlich und werbefrei.
Verstoß gegen Wettbewerbsrecht geltend gemacht
Die Klägerin hält das unentgeltliche Anbieten und Verbreiten der Inhalte der DWD WarnWetter-App für wettbewerbswidrig, da der DWD allenfalls amtliche Wetterwarnungen unentgeltlich verbreiten dürfe. Die DWD WarnWetter-App benachteilige wegen ihrer Finanzierung durch den Staat nichtstaatliche Anbieter von Wetter-Anwendungen. Die Klägerin hat die Beklagte auf Unterlassung in Anspruch genommen. Den Unterlassungsanspruch hat sie in erster Linie auf wettbewerbsrechtliche Vorschriften, hilfsweise auf das öffentliche Recht gestützt.
LG verurteilt DWD zu Unterlassung
Das Landgericht hat die Regelungen in § 6 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 2a DWD, die bestimmen, welche Leistungen der DWD nur gegen Vergütung und welche er entgeltfrei erbringen darf, als Marktverhaltensregelungen im Sinne von § 3a UWG angesehen. In dem unentgeltlichen Anbieten der Warnwetter-App hat das LG einen Verstoß gegen diese Vorschriften gesehen und die Beklagte deshalb zur Unterlassung verurteilt (MMR 2018, 189).
Klage in Bezug auf Wettbewerbsrecht in zweiter Instanz erfolglos – darüber hinaus Verweis an VG
Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht die auf das Wettbewerbsrecht gestützte Klage durch Teilurteil abgewiesen. Es hat angenommen, die Beklagte habe nicht im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG geschäftlich gehandelt. Sie sei vielmehr zur Erfüllung der ihr durch § 4 DWDG zugewiesenen öffentlichen Aufgaben tätig geworden. Soweit sie durch das Nichterheben einer Gegenleistung möglicherweise ihren Kompetenzbereich überschritten habe und dies gegen das Gesetz über den Deutschen Wetterdienst verstoße, begründe dies kein Handeln im geschäftlichen Verkehr. Hinsichtlich des hilfsweise geltend gemachten öffentlich-rechtlichen Unterlassungsanspruchs hat das Berufungsgericht den Rechtsstreit an das Verwaltungsgericht verwiesen (MMR 2016, 535).
BGH: Berufungsgericht hätte auch öffentlich-rechtliche Ansprüche selbst prüfen müssen
Der BGH hat das Berufungsurteil aufgehoben und das der Klage stattgebende landgerichtliche Urteil im Wesentlichen wiederhergestellt. Das Berufungsurteil habe schon deshalb aufgehoben werden müssen, weil das Berufungsgericht nicht durch Teilurteil über die wettbewerbsrechtlichen Ansprüche entscheiden und den Rechtsstreit wegen der öffentlich-rechtlichen Ansprüche an das VG verweisen durfte. Das Berufungsgericht hätte vielmehr alle in Betracht kommenden Anspruchsgrundlagen selbst prüfen müssen. Der BGH habe den Rechtsstreit gleichwohl nicht zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverweisen müssen, weil er die Sache auf der Grundlage der vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen selbst abschließend entscheiden habe können.
Auch BGH sieht in WarnWetter-App geschäftliche Handlung
Danach hatte die Klage Erfolg. Der DWD habe mit seinem für die Nutzer kostenlosen und nicht durch Werbung finanzierten Angebot einer WarnWetter-App zwar nicht erwerbswirtschaftlich, sondern allein zur Erfüllung seiner öffentlichen Aufgaben gehandelt. Er habe dabei aber die Grenzen der Ermächtigungsgrundlage des § 4 Abs. 6 DWDG überschritten, weil sich die Inhalte der unentgeltlichen WarnWetter-App nicht auf Wetterwarnungen beschränkten, sondern darüber hinaus zahlreiche allgemeine Wetterinformationen enthielten. Deshalb sei das Angebot der WarnWetter-App als geschäftliche Handlung anzusehen und an den Regeln des Wettbewerbsrechts zu messen.
DWD darf Dienstleistungen nur unter Marktbedingungen erbringen
Bei den Bestimmungen in § 6 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 2a DWD, welche Leistungen der DWD nur gegen Vergütung und welche er entgeltfrei erbringen darf, handele es sich um Marktverhaltensregelungen im Sinne von § 3a UWG, deren Verletzung wettbewerbswidrig sei. Aus diesen Regelungen ergebe sich, dass der DWD seine Dienstleistungen im Grundsatz nur unter Marktbedingungen erbringen darf und wie jeder andere Anbieter einer Anwendungssoftware für meteorologische Dienstleistungen hierfür entweder unmittelbar eine Vergütung verlangen muss oder – wenn die Anwendungssoftware kostenlos abgegeben wird – diese Leistungen mittelbar etwa durch Werbeeinnahmen finanzieren muss. Diese Regelungen hätten den Zweck, die Betätigung des DWD auf dem Markt der meteorologischen Dienstleistungen zum Schutz privatwirtschaftlicher Mitbewerber zu begrenzen.