Derzeit keine Strafrestaussetzung für NSU-Unterstützer Ralf Wohlleben

Der NSU-Unterstützer Ralf Wohlleben ist mit seinem Antrag, die Vollstreckung des Rests der gegen ihn verhängten Haftstrafe zur Bewährung auszusetzen, gescheitert. Der Bundesgerichtshof hat die ablehnende Entscheidung des Oberlandesgerichts München bestätigt. Eine Strafrestaussetzung scheide jedenfalls deshalb aus, weil dem Verurteilten derzeit keine günstige Prognose für eine Legalbewährung in Freiheit gestellt werden könne. Unter Berücksichtigung des Sicherheitsinteresses der Allgemeinheit komme deshalb keine vorzeitige Haftverschonung in Betracht.

Tatwaffe für NSU-Morde besorgt

Das Oberlandesgericht hatte Ralf W. im Juli 2018 der Beihilfe zu neun Fällen des Mordes schuldig gesprochen und gegen ihn eine Freiheitsstrafe von zehn Jahren verhängt. Seit dem 13.08.2021 ist das Urteil, soweit es diesen Verurteilten betrifft, rechtskräftig, nachdem der BGH am 12.08.2021 seine Revision verworfen hatte. Nach den Urteilsfeststellungen verschaffte Ralf W. im Frühjahr 2000 – gemeinsam mit einem Komplizen – den Mitgliedern der terroristischen Vereinigung "Nationalsozialistischer Untergrund" (NSU) Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos auf deren Verlangen eine Pistole samt Schalldämpfer und Munition. Mit der Waffe erschossen die beiden von September 2000 bis April 2006 im Bundesgebiet aus ausländerfeindlichen und rassistischen Motiven heimtückisch acht türkischstämmige Männer und einen griechisch-stämmigen Mann.

Strafrestaussetzung abgelehnt

Vom 29.11.2011 bis zum 17.06.2018 war gegen den Verurteilten Untersuchungshaft vollzogen worden. Infolge deren gesetzlich gebotener Anrechnung auf die verhängte Freiheitsstrafe ist bis zur Verbüßung von zwei Dritteln (sechs Jahre und acht Monate) nur noch ein Rest von elf Tagen Strafhaft verblieben. Im Hinblick auf die noch zu treffende Entscheidung über die Strafrestaussetzung hat der Generalbundesanwalt trotz der zwischenzeitlich eingetretenen Rechtskraft vorläufig von einer Ladung des Verurteilten zum Strafantritt abgesehen. Mit dem angefochtenen Beschluss hat das OLG, nachdem es ein psychiatrisches Sachverständigengutachten zur Gefährlichkeit des Verurteilten eingeholt hatte, die Aussetzung der Vollstreckung des Rests der Haftstrafe zur Bewährung abgelehnt.

Keine günstige Prognose

Hiergegen hat Ralf W. das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde erhoben, die der BGH nun verworfen hat. Er gelangte wie das OLG zu dem Ergebnis, dass eine Strafrestaussetzung jedenfalls deshalb ausscheide, weil derzeit dem Verurteilten keine günstige Prognose für eine Legalbewährung in Freiheit gestellt und somit unter Berücksichtigung des Sicherheitsinteresses der Allgemeinheit eine vorzeitige Haftverschonung nicht verantwortet werden könne (§ 57 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Satz 2 StGB). Die BGH-Richter haben darauf hingewiesen, dass wegen des sehr hohen Gewichts der durch einen möglichen Rückfall bedrohten Rechtsgüter besonders strenge Anforderungen an die Erwartung künftiger Straffreiheit zu stellen seien.

Weiteres Risiko für Allgemeinheit

Der BGH hat ein weiterhin vom Verurteilten ausgehendes Risiko nicht in eigenen Gewalttaten, sondern im künftigen möglichst unauffälligen Unterstützen fremder Gewalttaten gesehen, sollte ein entsprechendes Ansinnen aus der rechtsextremistischen und neonazistischen Szene an ihn herangetragen werden. Der BGH wies darauf hin, dass der angefochtene Beschluss mit seiner jetzigen Entscheidung nunmehr rechtskräftig sei.

BGH, Beschluss vom 02.11.2022 - StB 43/22

Gitta Kharraz, 22. November 2022.