Deckungsprozess muss Risikoausschluss wegen angeblicher Straftat klären

Ob ein Risikoausschluss wegen einer vorsätzlichen Straftat bei einer Rechtsschutzversicherung greift, muss im Deckungsprozess geklärt werden. Dabei ist die Versicherung laut Bundesgerichtshof weder an die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens gebunden noch vorläufig leistungspflichtig. Für die Voraussetzungen des Leistungsausschlusses sei sie aber darlegungs- und beweispflichtig.

Deckungsschutz für mitversicherten Lebenspartner

Eine Versicherte verlangte von einem Schadensabwickler für ihren mitversicherten Lebensgefährten Deckungsschutz für ein arbeitsgerichtliches Verfahren. Damit sollte eine Schadensersatzforderung des Arbeitgebers von über zwei Millionen Euro gegen ihn abgewehrt werden. Der Rechtsschutz für die Wahrnehmung rechtlicher Interessen aus Arbeitsverhältnissen war laut Ziffer 5.5 Satz 1 ARB-MPM 2009 (Allgemeine Versicherungsbedingungen für die Rechtsschutz-Versicherung für Nichtselbständige) ausgeschlossen, "soweit in [...] ein ursächlicher Zusammenhang mit einer [...] vorsätzlich begangenen Straftat besteht. Stellt sich ein solcher Zusammenhang im Nachhinein heraus, sind Sie zur Rückzahlung der Leistungen verpflichtet, die wir für Sie erbracht haben." Die Bestimmungen galten auch für den Mitversicherten. Die Staatsanwaltschaft ermittelte gegen ihn unter anderem wegen schweren Computerbetrugs und Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr. Das Arbeitsgericht hatte ihm Prozesskostenhilfe bewilligt. Die Assekuranz lehnte indes den Deckungsschutz ab und berief sich auf den Risikoausschluss.

Vorinstanzen sind sich einig

Sowohl vor dem Landgericht Frankenthal als auch dem Oberlandesgericht Zweibrücken hatte die Klage Erfolg – vorbehaltlich der Rückforderung im Fall einer vorsätzlich begangenen Straftat: Die Versicherung könne bis zur Klärung der Vorsatzfrage nicht jede Leistung im Deckungsprozess verweigern.

BGH: Zusammenhang zwischen Versicherungsfall und Straftat ist klärungsbedürftig

Das sah der BGH nun anders und verwies die Sache an das OLG zurück. Aus seiner Sicht muss im Deckungsprozess über den vom Rechtsschutzversicherer erhobenen Einwand einer vorsätzlichen Straftat endgültig entschieden werden. Eine vorläufige Leistungspflicht des Versicherers bestehe nicht. Ein durchschnittlich Versicherter entnehme dem Wortlaut der Klausel, dass für den Risikoausschluss eine mit dem Versicherungsfall in Zusammenhang stehende vorsätzliche Straftat objektiv vorliegen müsse. Zudem erkenne er, dass dieser Nachweis nicht von der Durchführung eines Strafverfahrens oder sonstigen Voraussetzungen abhängig sei. Die Karlsruher Richter monierten, dass das OLG Feststellungen treffen müsse, ob ein ursächlicher Zusammenhang des Versicherungsfalls mit einer vorsätzlich begangenen Straftat des Versicherten bestehe. Hierfür treffe die Versicherung die Darlegungs- und Beweislast. Dies schütze wiederum den Kunden vor der Aushöhlung seines Versicherungsschutzes.

BGH, Urteil vom 20.05.2021 - IV ZR 324/19

Redaktion beck-aktuell, 9. Juni 2021.