BGH: Cum/Ex-Untersuchungsausschuss darf Kanzleiräume nicht durchsuchen

Bei der Aufarbeitung der als "Cum/Ex"-Geschäfte bekannt gewordenen Aktiendeals musste der mit der Aufklärung beauftragte Cum/Ex-Untersuchungsausschuss eine juristische Schlappe einstecken. Der Bundesgerichtshof lehnte seinen Antrag auf Anordnung der Durchsuchung von Kanzleiräumen ab. Der zuständige BGH-Ermittlungsrichter sah keine ausreichende Verbindung zwischen der Durchsuchung und dem Untersuchungsgegenstand des Ausschusses (Beschluss vom 07.02.2017, Az.: 1 Bgs 74/14).

Beweisbeschluss FBS-2 zur Herausgabe mandatsunabhängiger Unterlagen

Der Vierte Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestages ("Cum/Ex") hatte zur Durchsetzung seines Beweisbeschlusses vom 08.09.2016 (Beweisbeschluss FBS-2) beantragt, die Durchsuchung der Kanzleiräume der Betroffenen an sechs Standorten in Deutschland anzuordnen und zu bestimmen, dass das dabei aufgefundene Beweismaterial an den Untersuchungsausschuss herauszugeben ist. Mit vorgenanntem Beweisbeschluss hatte der Antragsteller unter anderem beschlossen, zur Klärung einzelner Fragen aus seinem Untersuchungsauftrag von der Betroffenen die Herausgabe mandatsunabhängiger Unterlagen aus den Jahren 1999 bis 2011, die im Zusammenhang mit Cum/Ex-Geschäften stehen, zu verlangen.

BGH lehnt Anordnung der beauftragten Maßnahmen ab

Diesem Herausgabeverlangen kam die Betroffene aus Sicht des Antragstellers nicht vollständig nach. Der Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs hat jetzt mit Beschluss die Anordnung der beantragten Maßnahmen abgelehnt. Der Antragsteller habe nicht hinreichend dargetan, dass die Beweismittel, die er mit der Durchsuchungsmaßnahme sicherzustellen beabsichtige, Beweismittel darstellen, die für die Untersuchung von Bedeutung sein könnten.

Fehlverhalten von Privatpersonen nicht Untersuchungsgegenstand

Der BGH-Richter wies darauf hin, dass der Untersuchungsgegenstand des Vierten Untersuchungsausschusses des 18. Deutschen Bundestags entsprechend seinem Wortlaut darauf gerichtet sei, Ursachen und Hintergründe möglichen Fehlverhaltens der Finanzverwaltung im Zusammenhang mit Cum/Ex-Transaktionen zu untersuchen. Nicht beinhaltet sei dagegen ein etwaiges Fehlverhalten von Privatpersonen aufzuklären. Materiell ziele die vom Antragsteller erstrebte Beweiserhebung jedoch hierauf ab.

Bezug zum Untersuchungsgegenstand zu schwach

Denn mit den in den Räumlichkeiten der Betroffenen mutmaßlich vorliegenden Unterlagen wolle der Antragsteller klären, ob die Betroffene hinsichtlich der Cum/Ex-Geschäfte ein "elaboriertes Geschäftsmodell initiiert, vorbereitet und/oder begleitet" habe. Einen Bezug zum Untersuchungsgegenstand stelle der Antragsteller nur insoweit her, als aus seiner Sicht die Verantwortung der Finanzverwaltung geringer wäre, sollte ein derartiges Geschäftsmodell vorgelegen haben. Dies sei jedoch zur Begründung der Beweisrelevanz für den Untersuchungsgegenstand nicht ausreichend. Der Richter wies ausdrücklich auf die Zurückhaltung parlamentarischer Untersuchungen, die in den privaten Bereich hineinwirken, hin.

Hintergrund: Ex/Cum Geschäfte

Bei den auch "Dividendenstripping" genannten Geschäften wurden Aktien mit (cum) und ohne (ex) Ausschüttungsanspruch um den Dividendenstichtag eines Unternehmens rasch zwischen mehreren Beteiligten hin- und hergeschoben. Das führte dazu, dass Steuerbescheinigungen für Kapitalertragsteuern mehrfach ausgestellt wurden, die so aber gar nicht gezahlt wurden. Die Behörden kamen dem erst später auf die Schliche. Nach mehr als zehn Jahren war das Steuerschlupfloch geschlossen worden, doch die Opposition im Bundestag will die Vorgänge in einem Untersuchungsausschuss aufklären. Der Gesamtschaden wird auf zwölf Milliarden Euro geschätzt.

Redaktion beck-aktuell, 9. Februar 2017.