40 kleinere Brauereien haben sich schon im Jahr 1969 als Kommanditgesellschaft unter dem Namen "Die Freien Brauer" organisiert – ein nach § 3 GWB erlaubtes Mittelstandskartell. Der Zusammenschluss koordinierte für seine Mitglieder auch den Einkauf von Rohstoffen bei der Südzucker AG. Nachdem das Bundeskartellamt dem Lieferanten der süßen Zutat wegen verbotener Gebiets-, Quoten- und Preisabsprachen Bußgelder aufgebrummt hatte, traten 14 Gerstensafthersteller ihre Schadensersatzansprüche an ihre Vereinigung ab. Das LG Mannheim und das OLG Karlsruhe wiesen die Klage ab, weil sie annahmen, die KG verfüge über keine Erlaubnis nach § 3 RDG.
Wirtschaftsvereinigungen dürfen mehr
Anders nun der Bundesgerichtshof (BGH, Urteil vom 26.09.2023 – KZR 73/21). Die Abtretung sei keineswegs nach § 134 BGB nichtig, befand dessen Kartellsenat. Um eine Rechtsdienstleistung habe es sich zwar tatsächlich gehandelt. Denn dies sei "jede Tätigkeit in konkreten fremden Angelegenheiten, sobald sie eine rechtliche Prüfung des Einzelfalls erfordert". Auch sei die KG in fremden Angelegenheiten tätig geworden, weil die Geltendmachung der Schadensersatzforderungen vorrangig im wirtschaftlichen Interesse der jeweiligen Brauerei liege.
Doch greift laut Urteil hier die Ausnahme des § 7 Abs. 1 Nr. 1 RDG. Danach sind Rechtsdienstleistungen erlaubt, die "berufliche oder andere zur Wahrung gemeinschaftlicher Interessen gegründete Vereinigungen und deren Zusammenschlüsse" für ihre Mitglieder erbringen. Diese dürfen nur gegenüber der Erfüllung der übrigen Satzungsaufgaben nicht von übergeordneter Bedeutung sein. Dann aber können die rechtlichen Aktivitäten durch eine juristische Person erbracht werden, die im alleinigen wirtschaftlichen Eigentum eines solchen Zusammenschlusses steht.
Aus Sicht der Bundesrichter haben die Vorinstanzen zu Unrecht angenommen, dass eine solche Vereinigung keinem Gewerbe nachgehen dürfe. Für eine Beschränkung auf Idealvereine oder Gesellschaften bürgerlichen Rechts gebe die Vorschrift nichts her. Damit sei auch eine KG erlaubt – ebenso wie eine GmbH & Co. KG. Die Karlsruher Richterinnen und Richter untermauern das auf 27 Seiten mit Hinweisen auf ihre Rechtsprechung zum Rechtsberatungsgesetz (dem Vorgänger des RDG).
Nicht kleinlich sein!
Grundsätzlich stellen sie klar: § 7 RDG, der Wirtschaftsverbänden grünes Licht für Rat und Tat zur Hilfestellung ihrer Gesellschafter gibt, beruhe auf der Erwägung, dass Rechtsbetreuungseinrichtungen nach anderen Maßstäben zu beurteilen seien als Tätigkeiten, die auf einen Verdienst bei der Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten zielen. Denn eine "echte Betreuungstätigkeit durch berufliche oder zur Wahrung gemeinsamer Interessen gegründete Vereinigungen" begründe keine Gefahren für die Rechtsuchenden, denen das Gesetz ansonsten entgegentreten wolle.
Und die mochte der Senat auch bei den "Freien Brauern" nicht annehmen: Die diversen in ihrer Satzung genannten übergeordneten Ziele und Zwecke seien "gemeinschaftliche und überindividuelle". Das gelte besonders für den gemeinsamen Einkauf, mit dem niedrigere Beschaffungspreise erreicht und damit letztlich auch die Wettbewerbschancen gegenüber den großen Brauereien verbessert werden sollten. Wenn dieses Anliegen durch ein Kartell von Zuckerherstellern gefährdet wird, stehen für den BGH Schadensersatzforderungen damit in einem engen Zusammenhang.
Unentgeltlich müsse die Rechtsberatung nicht erfolgen, stellten die Richter klar. Die Vereinigung sei berechtigt, ihren Mitgliedern nach einem ihr freigestellten Verteilungsschlüssel etwa die an ihre Angestellten gezahlten Gehälter, Entschädigungen an Beauftragte oder allgemeine Bürounkosten in Rechnung zu stellen – "ohne dass dabei eine kleinliche Betrachtungsweise erforderlich wäre".