Beweisantragsfrist vor Wiedereintritt in Beweisaufnahme

Bestimmt die Vorsitzende eines Strafgerichts eine Frist zur Stellung von Beweisanträgen, kann sie nach Ablauf gestellte Anträge im Urteil bescheiden. Tritt das Gericht nach Fristablauf wieder in die Beweisaufnahme ein, entfällt diese Frist laut Bundesgerichtshof nicht. Nur ausnahmsweise, soweit der Beweisantrag erst durch das Ergebnis der erneuten Beweisaufnahme veranlasst worden sei, könne sie gegenstandslos werden. 

Beweisantragsfrist bestimmt und wieder in die Beweisaufnahme eingetreten

In einem Strafprozess wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge setzte die Vorsitzende der Strafkammer den Verfahrensbeteiligten eine Frist, innerhalb derer sie Beweisanträge stellen konnten. Anträge nach dieser Frist werde sie erst im Urteil bescheiden, es sei denn, sie machten glaubhaft, dass die Einhaltung des Zeitrahmens unmöglich gewesen sei. Nach Ablauf stellte der Angeklagte mehrere Beweisanträge. Die Kammer trat nach Ende der Frist noch zweimal in die Beweisaufnahme ein, ohne die Anträge der Verteidigung zu bescheiden. Erst im Urteil, mit dem der Angeklagte vom Landgericht Oldenburg zu einer Gesamtfreiheitsstrafe in Höhe von sechs Jahren und sechs Monaten verurteilt wurde, befasste sich das Gericht auf sechzig Seiten mit den Anträgen. Dagegen wehrte sich der mutmaßliche Drogenhändler vor dem Bundesgerichtshof - ohne Erfolg.

Wiedereintritt in die Beweisaufnahme unbeachtlich

Der Wiedereintritt setze die Fristbestimmung nicht außer Kraft, betonte der 3. Strafsenat. Seit dem 24.08.2017 gelte nach § 244 Abs. 6 Satz 3 StPO, dass die Vorsitzende nach Abschluss der von Amts wegen vorgesehenen Beweisaufnahme zur Beschleunigung des Verfahrens eine angemessene Frist zum Stellen von Beweisanträgen bestimmen könne. Werde diese Frist nicht eingehalten, könnten die Anträge im Urteil beschieden werden. Weder der Wortlaut noch der Zweck der Norm machen es nach Auffassung der Karlsruher Richter erforderlich, die Frist neu zu bestimmen, wenn das Gericht entgegen seiner vorherigen Annahme erneut in die Beweisaufnahme eintritt. Im Gegenteil: Entfiele die Antragsfrist, müsste das Gericht alle inzwischen aufgelaufenen Anträge in der Hauptverhandlung bescheiden und so das Verfahren unter Umständen erheblich verlängern.

Ausnahme: Anträge, die sich erst aus der neuen Beweisaufnahme ergeben

Sei es aber den Verfahrensbeteiligten nicht möglich gewesen, die Anträge bereits vor Ablauf der Frist zu stellen - etwa weil sich die Notwendigkeit, ein weiteres Beweismittel einzuführen, erst durch die erneute Beweisaufnahme ergeben habe - müsse das Gericht nach § 244 Abs. 6 Satz 4 StPO diesen Antrag noch in der Hauptverhandlung bescheiden. Voraussetzung ist laut BGH allerdings, dass die Antragsteller darlegen und glaubhaft machen, warum die Frist nicht eingehalten werden konnte. Nur dann könne das Gericht beurteilen, wann es den Antrag bescheiden müsse, und das Revisionsgericht dessen Entscheidung überprüfen. Da diese Darlegung gefehlt habe, wurde die Revision des Angeklagten zurückgewiesen.

BGH, Beschluss vom 21.04.2021 - 3 StR 300/20

Redaktion beck-aktuell, 28. Mai 2021.