Streit um Behandlungsfehler: Gericht darf wichtige Beweisanträge nicht übergehen

Ein Gericht darf sich nicht einfach über einen Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens hinwegsetzen und ein Geschehen selbst wissenschaftlich bewerten, ohne aufzuzeigen, dass es die dafür erforderliche Sachkunde besitzt. Das stellt der BGH klar.

Eine Patientin war nach einer Knie-Operation im Jahr 2008 zusehends verwirrt. Noch im Krankenhaus stürzte sie vom Bett. Der Sturz führte zu Komplikationen, an denen sie Jahre später verstarb.

Die Erben der Frau verklagten den Klinikträger: Es liege ein grober Behandlungsfehler vor. Aus ihrer Sicht hätte der Sturz verhindert werden können, wäre die Klinik ihrer Aufsichts- und Obhutspflicht nachgekommen. Außerdem seien sie mit ihrer Stellungnahme zum Hergang des Vorfalls nicht ausreichend angehört und es sei kein Sachverständigengutachten erstellt worden. Das LG Bonn und das OLG Köln wiesen die Klage ab. Eine Revision ließ das OLG nicht zu.

Das ließ der BGH so nicht gelten und verwies den Fall zurück (Beschluss vom 14.11.2023 – VI ZR 244/21). Das OLG habe "eine eigene medizinische und pflegewissenschaftliche Bewertung des Geschehens vorgenommen ohne aufzuzeigen, dass es über die erforderliche Sachkunde verfügt", monierte der BGH. Ein Sachverständigengutachten hätte eingeholt werden müssen – möglicherweise wäre die OLG-Entscheidung dann anders ausgefallen.

BGH, Beschluss vom 14.11.2023 - VI ZR 244/21

Redaktion beck-aktuell, bw, 11. Januar 2024 (dpa).