Betrug durch falschen Arzt?
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Wird einem Gesundheitsamt statt des versprochenen Arztes vom gutgläubigen Arbeitgeber ein dort beschäftigter Hochstapler vermittelt, kann der Behörde ein Vermögensschaden entstehen. Dies gilt nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs mit Blick auf einen möglichen Eingehungsbetrug auch dann, wenn der vermeintliche Arzt tatsächlich nur bei Tätigkeiten zum Einsatz gekommen sein sollte, für die es keine Approbation gebraucht hätte. 

Unterstützung in der Pandemie

Im Sommer 2020 suchte ein städtisches Gesundheitsamt aufgrund der Corona-Pandemie Unterstützung durch einen Arzt. Hilfe erhoffte man sich vom Deutschen Roten Kreuz (DRK) vor Ort. Dort war ein Notarzt beschäftigt, der aufgrund von zwei von ihm ausgehandelten Verträgen zwischen DRK und Stadt für diese eingesetzt wurde. Das Problem war, dass der Mann bereits die Stelle bei dem DRK nur durch gefälschte Zeugnisse erhalten hatte – in Wirklichkeit konnte er nur ein abgebrochenes Sozialpädagogikstudium vorweisen. Das Landgericht Hagen verurteilte ihn dementsprechend wegen Titelmissbrauchs und Urkundenfälschung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten. Einen Betrug habe er aber nicht begangen: Bei der ersten Vereinbarung vom 14.07.2020 sei es nur um die Organisation von Corona-Testungen und die Probenentnahme von Abstrichen und somit um Tätigkeiten gegangen, für die keine besondere Ausbildung notwendig gewesen sei. Auch wenn die Stadt und das DRK im Zusatzvertrag vom 30.09.2020 ausdrücklich die Stellung eines Arztes zur Unterstützung des überlasteten Gesundheitsamts vereinbart hätten, sei man davon ausgegangen, dass der Mann weiterhin nur organisatorische Dienstleistungen erbringen würde. Daher liege kein Vermögensschaden vor. Die Staatsanwaltschaft teilte diese Sichtweise nicht. Sie war mit ihrer Revision erfolgreich.

Arzt wurde versprochen

Die Karlsruher Richter konnten die Wertung der Kammer ebenfalls nicht nachvollziehen. Jedenfalls bei der Zusatzvereinbarung liege nahe, dass die Stadt geschädigt worden sei. Der 4. Strafsenat betont, dass das DRK eine Pauschalvergütung von 6.300 Euro pro Monat erhalten habe – ein an den Anstellungskosten eines Arztes orientierter Betrag. Der Vereinbarung lasse sich auch keine Einschränkung auf nichtärztliche Tätigkeiten entnehmen. Die Auslegung des LG Hagen, wonach nur die Organisation der Tests und die Kontaktnachverfolgung aus dem noch laufenden ersten Vertrag fortgeführt werden sollte, sei widersprüchlich. Die Erstellung eines fachärztlichen Gutachtens über die Gesundheit einer angehenden Lehrerin spreche im Übrigen für den Einsatz des Betroffenen als Arzt. Der BGH weist darauf hin, dass es für das Vorliegen eines Eingehungsbetrugs letztlich nicht entscheidend ist, wie der vermeintliche Arzt von der Stadt faktisch eingesetzt wurde. Die erste Vereinbarung müsse ebenfalls erneut geprüft werden: Die Kommune sei zumindest bei Abschluss des Vertrags (fälschlich) davon ausgegangen, dass die Abstriche nur durch ärztliches Personal vorgenommen werden dürften. Auch hier habe sich die vereinbarte Vergütung an ärztlichen Sätzen orientiert, sodass ein Missverhältnis zur erbrachten Leistung vorliegen könne. 

BGH, Urteil vom 01.06.2023 - 4 StR 225/22

Redaktion beck-aktuell, 28. Juni 2023.