Betreuung in Postangelegenheiten nur bei erheblicher Gefahr

Eine Betreuung für Postangelegenheiten darf nur dann angeordnet werden, wenn sie für die Erfüllung anderer Aufgaben des Betreuers erforderlich ist und ansonsten eine erhebliche Gefahr für wesentliche Rechtsgüter des Betreuten bestünde. Die Notwendigkeit einer Postkontrolle muss dabei laut Bundesgerichtshof stets durch konkrete tatrichterliche Feststellungen belegt werden. Dies gelte auch für die private Post des Betroffenen, soweit sie nicht ausgenommen ist.

Streit um Verlängerung der Betreuung

Eine psychisch kranke Frau wandte sich gegen die Verlängerung einer bestehenden Betreuung. Sie litt an einer Schizophrenie, die sich bei ihr durch Wahnvorstellungen sowie Persönlichkeitsveränderungen äußerte. Zum Aufgabenkreis ihres Betreuers gehörten Aufenthaltsbestimmung, Vermögenssorge mit Sozialhilfe- und Unterhaltsangelegenheiten, Vertretung bei Behörden und Ämtern, Gesundheitssorge, Wohnungsangelegenheiten sowie die Regelung des Postverkehrs.

LG bestätigt Betreuung für angeordnete Aufgabenbereiche

Das Amtsgericht Dinslaken verlängerte die Betreuung mit unverändertem Aufgabenkreis nach Einholung eines Sachverständigengutachtens und Anhörung der Betroffenen bis zum 19.05.2029. Das Landgericht Duisburg bestätigte die weitere Anordnung des AG. Den Ausführungen des Sachverständigen, dass die Erkrankte aufgrund ihrer Erkrankung unverändert nicht zur freien Willensbildung fähig sei, sei zu folgen. Daher sei eine Betreuung für die angeordneten Aufgabenbereiche erforderlich. Die Rechtsbeschwerde der Betroffenen beim BGH hatte Erfolg und führte zur Zurückverweisung.

BGH: Anordnung der Postkontrolle ist klärungsbedürftig

Dem XII. Zivilsenat zufolge war es seitens des LG falsch, die fortbestehende Erforderlichkeit der Betreuung nur aus seinen Erwägungen zur Betreuungsbedürftigkeit der Betroffenen herzuleiten. Ausreichende Feststellungen, dass in der gegenwärtigen Lebenssituation der Betroffenen ein objektiver Bedarf für die Aufrechterhaltung einer Betreuung mit dem angeordneten umfassenden Aufgabenkreis bestehe, habe das LG nicht getroffen. Ausweislich des Gutachtens schließe der Sachverständige nur aufgrund der psychiatrischen Erkrankung der Frau auf deren Betreuungsbedürftigkeit. Inwieweit diese in ihrer derzeitigen konkreten Lebenssituation der Unterstützung eines rechtlichen Betreuers bedarf, sei im Gutachten nicht aufgezeigt, moniert der BGH. Die bislang getroffenen Feststellungen trügen insbesondere nicht die Anordnung einer Betreuung für private Postangelegenheiten nach § 1815 Abs. 2 Nr. 6 BGB. Eine solche sei nur zulässig, soweit die Befugnis erforderlich sei, um dem Betreuer die Erfüllung einer ihm ansonsten übertragenen Betreuungsaufgabe in der gebotenen Weise zu ermöglichen und um eine erhebliche Gefährdung oder Beeinträchtigung wesentlicher Rechtsgüter des Betroffenen zu beseitigen. Sie müsse stets durch konkrete tatrichterliche Feststellungen belegt werden, gerade auch bezüglich der privaten Post eines Betroffenen.

BGH, Beschluss vom 19.04.2023 - XII ZB 462/22

Redaktion beck-aktuell, 24. Mai 2023.