Studium an der TH "Carl Schorlemmer"
Eine Berufsbetreuerin wollte ihre Arbeit mit einem erhöhten Stundensatz für besondere Kenntnisse vergütet wissen. Die Frau hatte – nach einer Ausbildung als Industriekauffrau – noch in der DDR 1986 ein Studium an der TH "Carl-Schorlemmer" Leuna-Merseburg begonnen. 1991 schloss sie den mittlerweile in Wirtschaftsinformatik umbenannten Studiengang ab. Das AG Cottbus rechnete nicht nach dem erhöhten Satz ab, aber das dortige Landgericht gab der Betreuerin recht: Im Kernbereich hätten die absolvierten Fächer betreuungsrelevantes Wissen vermittelt. Das Gericht bezog sich unter anderem auf das "Sozialistische Recht" und die sozialistische Volks- und Betriebswirtschaft, aber auch auf den Lehrgang Buchführung. Die Beschwerde der Staatskasse hatte beim BGH vorerst Erfolg (Az.: XII ZB 539/21).
Relevantes Wissen?
Die Karlsruher Richter mahnten eine genauere Prüfung an, inwieweit hier tatsächlich betreuungsrelevantes Wissen im Sinn von § 4 Abs. 1 Satz 2 VBVG vermittelt wurde. Die Zielrichtung der Wirtschaftsinformatik liege in der effektiven Verknüpfung von Ökonomie und EDV – inwieweit hier Parallelen zur Arbeit eines Betreuers bestünden, habe das Landgericht nicht geprüft. Der XII. Zivilsenat erinnerte zudem daran, dass Fächer wie die "Sozialistische Betriebswirtschaft" allenfalls im geringen Umfang relevante Kenntnisse vermittelten und die "Sozialistische Volkswirtschaft" nichts von Bedeutung beitrage. Umgekehrt wiesen die Bundesrichter aber auf die ursprüngliche Ausbildung als Industriekauffrau hin – diese könne das Potenzial haben, eine höhere Vergütung zu rechtfertigen.