Betreuer widerruft Generalvollmacht – keine Klärung über Notarbeschwerde
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Ist die Ausstellung einer Ersatzurkunde über eine Generalvollmacht davon abhängig, dass die Vollmacht noch besteht, muss der Notar die Ausstellung verweigern, wenn er weiß, dass die Vollmacht von einem Betreuer widerrufen worden ist. Die Wirksamkeit des Widerrufs ist vom Notar laut Bundesgerichtshof nicht prüfen. Er habe strikt dem Wortlaut der Anweisung zu folgen. Ob der Betreuer berechtigt war, die Generalvollmacht zu widerrufen, sei im Betreuungsverfahren zu klären – nicht im Rahmen der Notarbeschwerde.

Erst Generalvollmacht erteilt, dann Betreuer bestellt

Ein Mann erteilte seiner Frau 2004 eine General- und Vorsorgevollmacht. Die notarielle Urkunde sah im Punkt Nr. IV vor, dass seine Frau eine weitere Ausfertigung erhalten sollte, wenn sie glaubhaft versicherte, dass ihr die erste Ausfertigung abhandengekommen ist und die Vollmacht nicht widerrufen wurde. Einen Monat später wurde für ihren Mann ein Betreuer bestellt, dessen umfangreiche Aufgabenkreise auch die Vertretung gegenüber Behörden sowie Renten- und Sozialleistungsträgern und rechtliche Angelegenheiten umfassten. Dieser Betreuer widerrief 2007 die General- und Vorsorgevollmacht und verlangte erfolgreich die Übergabe der Urkunde. 2021 forderte die Frau vom Notar eine weitere Ausfertigung der Vollmacht und schilderte ihm wahrheitsgemäß den Sachverhalt über den Verbleib der ersten Urkunde. Als sich der Notar weigerte, erhob sie eine erfolglose Notarbeschwerde vor dem Landgericht Traunstein. Auch der Bundesgerichtshof lehnte ihr Ansinnen ab.

Wortlaut der Vollmacht entscheidend

Da die Ausstellung einer Ersatzvollmacht nach Nr. IV der Urkunde nur dann möglich sein sollte, wenn die Vollmacht nicht widerrufen worden war, hat der Notar dem BGH zufolge deren Ausfertigung zu Recht abgelehnt: Er müsse nach § 51 Abs. 1 und 2 BeurkG nur formal das Vorliegen der Anforderungen der Nr. IV prüfen. Er ist laut dem V. Zivilsenat hingegen nicht befugt, die materielle Wirksamkeit der Betreuererklärung zu prüfen. Allein die Kenntnis von dem Vorliegen des Widerrufs müsse bereits die Weigerung auslösen. Eine Ausnahme davon sei nur dann gegeben, wenn der Widerruf offenkundig unwirksam gewesen wäre – etwa wenn ein erkennbar unbeteiligter Dritter den Widerruf erklärt hätte. Die Wirksamkeit der Erklärung des Betreuers ist nach Ansicht der Karlsruher Richter im Betreuungsverfahren zu klären, nicht im Rahmen der Notarbeschwerde.

BGH, Beschluss vom 24.05.2023 - V ZB 22/22

Redaktion beck-aktuell, 17. Juli 2023.