Betreuer muss auch persönlich geeignet sein

Ein Betreuer muss nicht nur fachlich, sondern auch persönlich geeignet sein. Entscheidend ist laut Bundesgerichtshof die Relevanz für den konkreten Fall: So verlören mehr als zehn Jahre zurückliegende sexuelle Beziehungen zu betreuten Frauen an Aussagekraft und sprächen nicht gegen die Zusammenarbeit mit einem Mann.

Berufsbetreuer wehrt sich gegen seine Entlassung

Ein Betreuer wehrte sich gegen seine Entlassung. Im Februar 2011 war er zum Berufsbetreuer für den Betroffenen bestellt worden. Sechs Jahre später wurde bekannt, dass er von 2008 bis 2010 mit zwei seiner Klientinnen sexuelle Kontakte unterhalten hatte. Ein Ermittlungsverfahren gegen ihn wegen sexuellen Missbrauchs unter Ausnutzung eines Betreuungsverhältnisses (§ 174c Abs. 1 StGB) wurde eingestellt, da die Straftaten verjährt waren. Das Amtsgericht Gera verlängerte zwar die bestehende Betreuung, entließ aber den bisherigen Beistand und bestellte einen neuen. Die Beschwerde des Geschassten scheiterte vor dem dortigen Landgericht, weil er charakterlich ungeeignet sei, Betreuungen zu führen. Er habe die Vertrauensbeziehungen zu seinen Schützlingen ausgenutzt und damit keine professionelle Distanz eingehalten. Es sei nicht erkennbar, dass er sich mit seinem damaligen Verhalten selbstkritisch auseinandergesetzt habe oder gar einsehe, dass er mit seinen sexuellen Beziehungen gegen seine Pflichten als Betreuer verstoßen habe. Dagegen legte der Betreuer Rechtsbeschwerde ein – mit Erfolg.

BGH: Früheres Fehlverhalten ist nicht maßgeblich

Der BGH verwies die Sache am 03.02.2021 an das LG zurück. Nach seiner Ansicht hat das LG Gera dem Umstand, dass die sexuellen Beziehungen des Beistands zu den beiden von ihm betreuten Frauen bereits mehr als zehn Jahre zurückliegen, keine ausreichende Bedeutung zugemessen. Und dies, so die Kritik der Karlsruher Richter, obwohl es danach festgestellt habe, dass der Betreuer die ihm übertragenen Betreuungen in fachlich nicht zu beanstandender Weise geführt habe. Auch hätten sich in der Zeit bis zur Beschwerdeentscheidung keinerlei Erkenntnisse für ein erneutes persönliches Versagen ergeben. Das LG habe bei seinen Überlegungen berücksichtigen müssen, dass es hier um einen männlichen Betroffenen gehe – ohne weitere Anhaltspunkte seien keine Übergriffe anzunehmen. Dem XII. Zivilsenat zufolge wiegt dabei die fehlende Einsicht des ehemaligen Betreuers in sein früheres Fehlverhalten im Gegenzug nicht so schwer, dass er als ungeeignet zur Betreuung von Männern angesehen werden kann.

BGH, Beschluss vom 03.02.2021 - XII ZB 181/20

Redaktion beck-aktuell, 17. März 2021.