Bestimmung der Berufungssumme im Nachbarschaftsstreit

Wie viel ist es wert, dass die Eigentümer eines Hintergrundstücks das Tor zur Straße hin schließen? Der Bundesgerichtshof schätzte diesen Betrag oberhalb der Berufungssumme ein: Er zog dazu den Wert einer elektrischen Schließanlage hinzu, die die Torbesitzerin zu installieren bereit war. Alternativ könnten auch andere Investitionen berücksichtigt werden, um den Wert des Berufungsgegenstands zu bestimmen.

Tor soll geschlossen sein!

Die Eigentümerin eines Vordergrundstücks friedete ihr Grundstück mit einem Steinwall, einem Zaun und einem zweiflügeligem Tor ein. Die Nachbarn hinter ihr besaßen eine Grunddienstbarkeit, um durch das Vordergrundstück ihr eigenes Heim zu erreichen. Die Parteien stritten sich nun darum, dass die hinteren Anlieger das Tor zwischen öffentlichem Straßenraum und Vordergrundstück schließen, nachdem sie durchgegangen oder durchgefahren sind. Die Hinteranlieger wären dazu bereit, wenn ihre Nachbarin eine elektrische Toranlage installieren würde. Das Amtsgericht Greifswald verpflichtete die hinteren Nachbarn dazu, das Tor zwischen 22 Uhr und 6 Uhr geschlossen zu halten und wies die Klage im Übrigen ab. Das Landgericht Stralsund wies die Berufung der Vordergrundstückseigentümerin als unzulässig ab, weil die Berufungssumme in Höhe von 600 Euro nicht erreicht worden sei. Dagegen wehrte sich die Klägerin vor dem Bundesgerichtshof – mit Erfolg.

Schätzung der Berufungssumme

Nach § 3 ZPO ist der Wert der Beschwer nach freiem Ermessen festzusetzen, so der BGH. Bei einer Klage auf Unterlassen einer Eigentumsstörung müsse also die Wertminderung, die das Grundstück erfahre, wenn das Tor offen steht, bestimmt werden. Dieser Wert betrage nicht Null, wie das Landgericht meinte, sondern mehr als 600 Euro. Die Karlsruher Richter holten die Schätzung selbst nach und verwiesen die Sache zur Berufungsverhandlung zurück. Sie zogen dazu den Wert einer elektrischen Toranlage hinzu, die in jedem Fall mehr als 600 Euro koste. Alternativ könne man auch die Kosten in Höhe von 1.300 Euro heranziehen, die die Klägerin für die weitere Einfriedung ihres Grundstücks aufwenden wolle.

BGH, Beschluss vom 11.11.2021 - V ZB 21/21

Redaktion beck-aktuell, 20. Dezember 2021.