Streit zwischen Ausschussminderheit und Ausschuss selbst
Der Entscheidung vorausgegangen war ein Streit zwischen einer Minderheit des Ausschusses, die die Beweiserhebung beantragt hatte, und dem Ausschuss selbst, der eine solche für unzulässig hielt, weil sie gegen Geheimhaltungsvorschriften verstoße. Der Erste Untersuchungsausschuss der 19. Wahlperiode des Deutschen Bundestages soll die Hintergründe des Terroranschlages auf dem Berliner Breitscheidplatz vom 19.12.2016 aufklären. Unter anderem soll untersucht werden, ob der Deutsche Bundestag durch die Bundesregierung über die ihr vorliegenden Erkenntnisse zeitgerecht, umfassend und zutreffend informiert wurde.
Ausschussmitglieder wollen dem Kontrollgremium vorgelegte Akten prüfen
Daher beantragten die Ausschussmitglieder Martina Renner (Die Linke), Benjamin Strasser (FDP) und Konstantin von Notz (Bündnis 90/Die Grünen), von der Bundesregierung die Akten des Bundesnachrichtendienstes und des Bundesamtes für Verfassungsschutz beizuziehen, die dem Parlamentarischen Kontrollgremium aufgrund dessen Anforderungsbeschlusses vom 16.01.2017 vorgelegt worden waren, um so unter anderem zu untersuchen, welche Akten dem Kontrollgremium als geheim tagendem Hilfsorgan des Deutschen Bundestages zur Kontrolle der Geheimdienste zur Verfügung gestellt worden waren.
Ausschuss lehnte Antrag ab – BGH wird eingeschaltet
Die Ausschussmehrheit lehnte diesen Antrag ab. Sie war der Meinung, er sei unzulässig, weil er gegen die Geheimhaltungsvorschriften des § 10 Abs. 1 PKGrG verstoße. Gegen die Ablehnung des Antrags hat sich die Ausschussminderheit an den Ermittlungsrichter des BGH gewandt. Dieser hat ihrem Begehren im Wesentlichen stattgegebe und den Ausschuss verpflichtet, dem Beweisantrag mehrheitlich zuzustimmen (BeckRS 2018, 19927). Gegen die Entscheidung des Ermittlungsrichters wiederum hat der Ausschuss Beschwerde eingelegt, über die der Dritte Strafsenat des BGH zu entscheiden hatte.
BGH: Beratungsgeheimnis steht Beweiserhebung nicht entgegen
Der BGH hat die Entscheidung des Ermittlungsrichters weitgehend bestätigt und entschieden, dass der Ausschuss verpflichtet ist, die Akten wie beantragt beizuziehen. Denn die beantragte Beweiserhebung sei nicht unzulässig. Das für das Parlamentarische Kontrollgremium gesetzlich bestimmte Beratungsgeheimnis stehe der beantragten Beweiserhebung nicht entgegen, weil sich diese nicht auf die Inhalte der Beratungen des Gremiums beziehe. Die Verschwiegenheitspflicht der Mitglieder des Gremiums werde nicht verletzt, weil Adressat dieser Pflicht nicht die Bundesregierung, von der die Akten angefordert werden sollen, sei.
Regierung kann Herausgabe einzelner geheimhaltungsbedürftiger Unterlagen verweigern
Überdies bleibe es der Bundesregierung unbenommen, einzelne geheimhaltungsbedürftige Unterlagen nicht herauszugeben. Der Dritte Strafsenat hat die Beweiserhebung nicht selbst angeordnet, sondern lediglich festgestellt, dass eine Verpflichtung des Untersuchungsausschusses zur Erhebung der Beweise besteht. Dies hat er im Wesentlichen damit begründet, dass davon auszugehen sei, dass der Ausschuss wegen seiner Bindung an Recht und Gesetz die Entscheidung des Senats befolgen werde.