Bestimmbarkeit des Mietobjekts bei Untervermietung

Ein Gewerbemietvertrag entspricht nur der Schriftform, wenn sich die wesentlichen Vereinbarungen der Urkunde entnehmen lassen. Unklarheiten können zwar durch Rückgriff auf die tatsächliche Nutzung geheilt werden. Dies ist jedoch nicht möglich, wenn die Mieterin die Räume nie selbst genutzt und das Ladengeschäft heimlich untervermietet hat.

Kündigung wegen Schriftformmangels

Die jetzige Eigentümerin einer Gewerbeimmobilie verlangte von der Mieterin ihrer Rechtsvorgängerin die Räumung und Herausgabe eines Ladengeschäfts. Die Frau hatte die Räume im März 2011 bis Februar 2017 von der ursprünglichen Eigentümerin zum Betrieb eines Geschäfts gemietet. Die genaue Lage der Ladenfläche sollte sich "aus dem als Anlage 1 beigefügten Grundriss" ergeben – war aber dem Gewerberaummietvertrag nicht beigefügt. Die Mieterin vermietete die Räume an einen Dritten, worüber sie die Vermieterin weder informierte noch die erforderliche Zustimmung einholte. Laut Nachtrag vom Februar 2016 wurde der Vertrag bis Februar 2021 verlängert – und die Miete erhöht. Im August 2017 erwarb die neue Eigentümerin das Grundstück. Im November 2017 kündigte sie das Mietverhältnis wegen Schriftformmangels ordentlich zum 30.06.2018. Das LG München I wies die Klage ab. Die Berufung hatte vor dem OLG München Erfolg: Die Kündigung habe das Mietverhältnis beendet. Das Mietobjekt sei nicht hinreichend bestimmbar beschrieben, weil der zur Bestimmung erforderliche Grundrissplan dem Vertrag nicht beigefügt worden sei.

BGH: Nachtragsvereinbarung nicht hinreichend bestimmbar

Das sah der BGH genauso. Das OLG München sei zu Recht davon ausgegangen, dass der Mietvertrag (einschließlich des Nachtrags), in den die Eignerin nach §§ 578 Abs. 2, Abs. 1, 566 Abs. 1 BGB eingetreten sei, hinsichtlich des Mietgegenstands nicht der erforderlichen Schriftform entsprochen habe. Insofern gelte der Vertrag als auf unbestimmte Zeit geschlossen (§§ 578 Abs. 2, Abs. 1, 550 BGB) und habe daher innerhalb der Frist des § 580 a Abs. 2 BGB ordentlich gekündigt werden dürfen.

Dem XII. Zivilsenat zufolge ist der Mietgegenstand auch nicht durch die Nachtragsvereinbarung in Verbindung mit der tatsächlichen Nutzung zum Zeitpunkt ihres Abschlusses hinreichend bestimmbar. Zwar habe der BGH bereits entschieden, dass der Mietgegenstand in der Regel trotz einer ungenauen Bezeichnung hinreichend identifizierbar sei, wenn der Mieter diesen bei Vertragsschluss – oder bei Abschluss eines Nachtrags – bereits nutze, weil dann der Umfang der bisherigen Nutzung zur Auslegung herangezogen werden könne. Diese Erwägungen seien hier nicht übertragbar, da die Mieterin das Geschäft zu keinem Zeitpunkt selbst genutzt habe. Insofern war es laut BGH zum Zeitpunkt des Abschlusses des Verlängerungsvertrags nicht möglich, den Mietgegenstand allein auf der Grundlage des Mietvertrags oder des Nachtrags vor Ort zu identifizieren.

BGH, Urteil vom 04.11.2020 - XII ZR 4/20

Redaktion beck-aktuell, 18. Dezember 2020.