Tödliche Schüsse durch Tür
Nach den Feststellungen des LG drangen am Morgen des 19.10.2016 gegen 6.00 Uhr Beamte eines Spezialeinsatzkommandos der Polizei in das Anwesen des Angeklagten ein, um dem Landratsamt die Durchsuchung nach Waffen zu ermöglichen. Der Angeklagte bemerkte, dass es sich bei den in das Haus eingedrungenen Personen um Polizeibeamte handelte. Als er durch die teilverglaste Wohnungstür sah, dass sich ein Polizeibeamter vor dieser Tür in der Hocke befand, um ein Öffnungsgerät anzusetzen, entschloss er sich, diese Situation auszunutzen und ihn zu töten. Er schoss elf Mal unmittelbar hintereinander durch die Tür mit einer Pistole gezielt auf den hockenden Beamten, der – obwohl er eine Schutzweste trug – getroffen wurde und am nächsten Tag an den Verletzungsfolgen starb.
LG: Tod billigend in Kauf genommen
Dabei nahm der Angeklagte laut LG in Kauf, dass zwei weitere daneben stehende Polizeibeamte durch die Schüsse ebenfalls getötet werden könnten. Auch sie wurden infolge der Schussabgabe verletzt. Beweggrund für das Handeln des Angeklagten war die Verteidigung des von ihm auf seinem Anwesen selbst ausgerufenen autonomen Staates. Er betrachtete die Polizeibeamten als Repräsentanten eines "Scheinstaates Bundesrepublik Deutschland", die unberechtigt auf sein Staatsgebiet vorgedrungen waren und deswegen getötet werden durften.
BGH: Heimtücke fraglich – niedriger Beweggrund aber gegeben
Der BGH hat die Revision des Angeklagten als unbegründet verworfen. Zwar hätten angesichts der vom LG zu den konkreten Umständen des Einsatzes des Spezialkommandos der Polizei getroffenen Feststellungen Bedenken gegen die Annahme einer Arglosigkeit des getöteten Polizisten und damit einer heimtückischen Begehungsweise des Angeklagten bestanden, so die BGH-Richter. Das LG habe die Tat des Angeklagten jedoch rechtsfehlerfrei als Mord aus niedrigen Beweggründen gewertet und die dafür im Strafgesetzbuch angedrohte lebenslange Freiheitsstrafe verhängt.