BGH bestätigt Freispruch laborärztlicher Praxisbetreiber vom Vorwurf des Abrechnungsbetrugs

Der Freispruch zweier Betreiber von laborärztlichen Praxen, die als selbstständige, niedergelassene Laborärzte auftraten und dabei in ihren Abrechnungen gegenüber den Kassenärztlichen Vereinigungen entweder ausdrücklich oder konkludent erklärten, die abgerechneten Leistungen – im sozialversicherungsrechtlichen Sinn – "in freier Praxis" erbracht zu haben, ist rechtskräftig. Der Bundesgerichtshof bestätigte einen ausreichenden Freiheitsgrad der jeweils betroffenen Laborärzte mit Urteil vom 12.07.2017 und wies die Revision der Staatsanwaltschaft zurück (Az.:1 StR 535/16).

Labor-Betreibern wurde Abrechnungsbetrug in großem Stil vorgeworfen

Die Staatsanwaltschaft hatte den beiden Angeklagten vorgeworfen, im Tatzeitraum zwischen 2004 und 2007 betrügerisch Abrechnungen von laborärztlichen Leistungen gegenüber der gesetzlichen Krankenversicherung vorgenommen und diese dadurch um rund 79 Millionen Euro geschädigt zu haben. Nach dem Anklagevorwurf waren die Angeklagten vertretungsberechtigte Geschäftsführer eines Dienstleistungsunternehmens. Das Unternehmen bot interdisziplinäre Beratung auf dem Gebiet der Laborrationalisierung, die Bereitstellung von medizinischen Laboreinrichtungen einschließlich Fach- und Wartungspersonal sowie die Systementwicklung im Laborbereich an. Es schloss mit mehreren, an verschiedenen Standorten angesiedelten Laborärzten Dienstleistungsverträge.

Angeklagte rechneten Leistungen als in “freier Praxis" erbracht ab

Gegenüber den jeweils regional zuständigen Kassenärztlichen Vereinigungen traten die Betreiber der laborärztlichen Praxen als selbstständige, niedergelassene Laborärzte auf und erklärten in ihren Abrechnungen gegenüber den Kassenärztlichen Vereinigungen entweder ausdrücklich oder konkludent, die abgerechneten Leistungen – im sozialversicherungsrechtlichen Sinn – "in freier Praxis" erbracht zu haben. Die Anklage ging jedoch davon aus, dass die Laborärzte tatsächlich aufgrund der Verträge mit dem von den Angeklagten geführten Unternehmen und der tatsächlichen Handhabung dieser vertraglichen Beziehungen in einem Abhängigkeitsverhältnis standen, mithin Arbeitnehmer des Dienstleistungsunternehmens waren.

LG verneinte betrugsrelevante Täuschungshandlung

Dann aber durften die tatsächlich ausgeführten ärztlichen Leistungen nicht als "in freier Praxis" erbracht abgerechnet werden. Von diesen Vorwürfen sind die Angeklagten vom Landgericht freigesprochen worden. Die Strafkammer hatte sich aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme die Überzeugung gebildet, dass die jeweils betroffenen Laborärzte in einem ausreichenden Maße "frei" im Sinne des Sozialversicherungsrechts waren. Da sie deshalb laborärztliche Leistungen gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung abrechnen durften, fehlte es nach der Überzeugung des Landgerichts bereits an für die Verwirklichung des Betrugstatbestands (§ 263 StGB) erforderlichen Täuschungshandlungen.

BGH: Freisprüche sind ohne Rechtsfehler ergangen

Der Bundesgerichtshof hat nunmehr die dagegen gerichteten Revisionen der Staatsanwaltschaft verworfen und damit die Freisprüche bestätigt. Die revisionsgerichtliche Überprüfung der Beweiswürdigung der Strafkammer weise nach den dafür geltenden Prüfungsmaßstäben keine Rechtsfehler auf. Insbesondere enthielten die beweiswürdigenden Erwägungen des Landgerichts keine Lücken oder Widersprüche. Die Strafkammer habe auch keine überspannten Anforderungen an den Nachweis der für den Betrugstatbestand erforderlichen Täuschungshandlungen gegenüber den zuständigen Kassenärztlichen Vereinigungen gestellt.

BGH, Urteil vom 12.07.2017 - 1 StR 535/16

Redaktion beck-aktuell, 13. Juli 2017.

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