BGH bestätigt 30-jähriges Wiederkaufsrecht einer Gemeinde bei Bauland
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Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass eine Gemeinde nicht das Gebot angemessener Vertragsgestaltung verletzt, wenn sie sich beim Baulandverkauf ein Wiederkaufsrecht für den Fall vorbehält, dass der Käufer nicht innerhalb von acht Jahren ein Haus baut. Dies gelte selbst dann, wenn eine Ausübungsfrist für das Wiederkaufsrecht nicht vereinbart ist und dieses somit innerhalb der gesetzlichen Frist von 30 Jahren ausgeübt werden kann.

Beklagter kommt Verpflichtung zum Hausbau nicht nach

Der Beklagte kaufte von der klagenden Marktgemeinde in Bayern mit notariellem Vertrag vom 21.01.1994 ein Grundstück zu einem marktgerechten Preis von 59.472 DM. Er verpflichtete sich, auf dem Grundstück innerhalb von acht Jahren ab dem Tag des Kaufs ein bezugsfertiges Wohngebäude entsprechend den Festsetzungen des Bebauungsplans zu erstellen. Für den Fall, dass das Wohngebäude nicht fristgemäß errichtet oder das Vertragsgrundstück ohne Zustimmung der Klägerin in unbebautem Zustand weiterveräußert wird, verpflichtete sich der Beklagte, das Eigentum an dem Grundstück der Klägerin auf Verlangen kosten- und lastenfrei zurück zu übertragen gegen Zahlung des ursprünglichen Kaufpreises, sonstiger gemäß der Vertragsurkunde bezahlter Beträge und nachweisbarer Kosten für die zwischenzeitlich erfolgten Erschließungsmaßnahmen. Zinsen sollten von der Klägerin in diesem Fall nicht zu entrichten sein. Der Beklagte errichtete in der Folgezeit kein Wohngebäude. Mit Schreiben vom 14.11.2014 teilte ihm die Klägerin mit, dass sie von ihrem Rückübertragungsrecht Gebrauch mache. Das Landgericht verurteilte den Beklagten, das Grundstück an die Klägerin aufzulassen und die Eigentumsumschreibung im Grundbuch zu bewilligen. Das Oberlandesgericht hob das Urteil auf und wies die Klage ab.

Wiederkaufsrecht trotz 30-jähriger Ausübungsfrist zumutbar

Der BGH hat jetzt das Urteil auf die Revision der Klägerin aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das OLG zurückverwiesen. Das Wiederkaufsrecht der Klägerin stelle sich auch unter Berücksichtigung der Ausübungsfrist von 30 Jahren nicht als unangemessen dar. Bauverpflichtungen wie die vorliegende würden dem anerkennenswerten städtebaulichen Zweck dienen, die (zeitnahe) Erreichung der mit der Bauleitplanung verfolgten Ziele sicherzustellen beziehungsweise zu fördern und Grundstücksspekulationsgeschäfte zu verhindern. Es sei daher für sich genommen nicht zu beanstanden, wenn eine Gemeinde dem privaten Käufer ein im Gebiet eines Bebauungsplans gelegenes Grundstück nur gegen Übernahme einer Bebauungsverpflichtung verkauft und diese Verpflichtung durch ein Wiederkaufsrecht für den Fall des Verstoßes absichert.

Bebauungspflicht keine schwerwiegende Belastung

Wie die Richter weiter betonten, setze die Wirksamkeit einer solchen Vereinbarung auch nicht voraus, dass dem Käufer das Grundstück unterhalb des Verkehrswertes verkauft wird, zumal Gemeinden unter beihilfe- und haushaltsrechtlichen Gesichtspunkten Grundstücke grundsätzlich nicht unter dem Verkehrswert veräußern dürfen. Die Pflicht, das Grundstück den Festsetzungen des Bebauungsplans gemäß zu bebauen, stelle für den Erwerber eines im Baugebiet gelegen Grundstücks regelmäßig keine schwerwiegende Belastung dar. Denn üblicherweise werde er ohnehin beabsichtigen, das Grundstück zu bebauen, und müsse hierbei die Vorgaben des Bebauungsplans einhalten. Die hier vereinbarte Bebauungsfrist von acht Jahren sei auch nicht unangemessen kurz, entschied der BGH. Ebenso wenig führe der vereinbarte Wiederkaufspreis zur Unangemessenheit der Regelung. Dass der ursprüngliche Kaufpreis nicht zu verzinsen ist, entspreche dem Umstand, dass der Käufer seinerseits nicht verpflichtet ist, gezogene Nutzungen an den Verkäufer (und Wiederkäufer) herauszugeben.

Länge der gesetzlichen Frist kein einseitiger Vorteil für Gemeinde

Schließlich sei die Vereinbarung des Wiederkaufsrechts auch nicht deshalb unangemessen, weil keine Regelung über die Frist zur Ausübung getroffen wurde und damit die gesetzliche Frist von 30 Jahren gilt, so der BGH weiter. Denn die einschlägigen gesetzlichen Regelungen seien im Rahmen von § 11 Abs. 2 BauGB wertungsmäßig zu berücksichtigen. Die Länge der gesetzlichen Frist stelle sich auch nicht einseitig als Vorteil für die Gemeinde und als Nachteil für den Käufer dar. Denn sie ermögliche es der Gemeinde, im Einzelfall flexibel zu reagieren, etwa indem sie einem unverschuldet in wirtschaftliche Not geratenen Käufer die Frist für die Erfüllung der Bebauungsverpflichtung verlängert.  Anders als das Berufungsgericht meint, lässt sich die Unangemessenheit der in Rede stehenden Regelung nach Ansicht des BGH nicht aus der bisherigen Rechtsprechung des Senats zu Ausübungsfristen für den Wiederkauf beim sogenannten "Einheimischenmodell" ableiten. Durch dieses solle in Gemeinden, die eine starke Nachfrage nach Bauland durch auswärtige Interessenten verzeichnen, Einheimischen der vergünstigte Erwerb von Bauflächen ermöglicht werden. Dies sei nur zulässig, wenn sichergestellt wird, dass die bevorzugten Käufer die auf den Grundstücken zu errichtenden Eigenheime für einen bestimmten Zeitraum selbst nutzen und nicht auf Kosten der Allgemeinheit Gewinne erzielen.

Grundlegende Unterschiede zum Einheimischenmodell

Die vorliegend zu beurteilende Regelung unterscheide sich grundlegend von einem Grundstücksverkauf im Einheimischenmodell. Dem Beklagten werde keine langfristige Bindung auferlegt, die nur mit einer angemessen hohen Subvention zu rechtfertigen wäre. Er sei einzig verpflichtet gewesen, das Grundstück innerhalb von acht Jahren mit einem dem Bebauungsplan entsprechenden Wohngebäude zu bebauen. Hätte er diese Verpflichtung erfüllt, wäre das Wiederkaufsrecht der Klägerin erloschen beziehungsweise nicht entstanden. Bei der Bebauungsfrist habe es sich auch nicht um eine Mindestfrist gehandelt, der Beklagte sei also auch nicht für einen Zeitraum von acht Jahren "gebunden" gewesen. Er hätte das Grundstück vielmehr sofort nach Abschluss des Kaufvertrages und Erteilung einer Baugenehmigung bebauen und das Wiederkaufsrecht damit zum Erlöschen bringen können. Auch habe er, anders als regelmäßig beim Einheimischenmodell, über das Grundstück nach dessen Bebauung frei verfügen können, betonte der BGH in seinem Urteil.

BGH, Urteil vom 16.12.2022 - V ZR 144/21

Redaktion beck-aktuell, 16. Dezember 2022.