Beschwerdewert bei eigener Forderung gegen Erbmasse

Der Beschwerdewert bemisst sich grundsätzlich nach dem wirtschaftlichen Interesse des Beschwerdeführers. Dabei sind vom Wert eines Nachlasses auch prinzipiell alle unbestrittenen Verbindlichkeiten abzuziehen. Anders aber, so der Bundesgerichtshof, wenn der Berufungskläger selbst Inhaber der Forderung gegen den Nachlass ist. Diese dürfe bei der Berechnung des Beschwerdewerts nicht berücksichtigt werden.

Sohn will Alleinerbe sein

Sohn und Tochter der Erblasserin stritten sich um das Erbe: Sie meint, die gesetzliche Erbfolge trete ein; er meint, er sei Alleinerbe aufgrund einer letztwilligen Verfügung seiner Mutter. Sie habe ihn zum alleinigen Erben bestimmt, weil sie sich rund 230.000 Euro von ihm geliehen und nicht zurückgezahlt hatte. Dieses von seiner Schwester bestrittene Darlehen plus Zinsen überstieg rechnerisch die Höhe des Nachlasses von 235.000 Euro. Das LG Stralsund wies die Feststellungsklage des Mannes ab. Das OLG Rostock verwarf seine Berufung sogar als unzulässig, weil es meinte, dass nach Abzug der Darlehensverbindlichkeit der Beschwerdewert von 600 Euro gar nicht erreicht werde. Die Rechtsbeschwerde vor dem BGH war erfolgreich, das OLG Rostock muss sich nun erneut mit der Sache befassen.

Beschwerdewertberechnung

Der BGH bestätigte grundsätzlich, dass sich der Beschwerdewert nach § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO nach dem wirtschaftlichen Interesse des Rechtsmittelführers bestimmt. Er lehnte es aber ab, die vermeintliche Darlehensverbindlichkeit vom Nachlasswert abzuziehen. Bislang sei dies nur für unstreitige Forderungen anerkannt (ZEV 2011, 656). Jedenfalls handele es sich hier um einen Anspruch des Erben selbst gegen den Nachlass, die nicht zu berücksichtigen sei, weil sie sich – wirtschaftlich gesehen – nicht auf seine Alleinerbenstellung auswirke. Der IV. Zivilsenat sieht den Einfluss dieser Forderung erst mittelbar durch die Konfusion in seinem Vermögen nach Zufluss der Erbmasse. Er bestimmte den Beschwerdewert des hälftigen Nachlasses nach Abzug von 20 % für eine positive Feststellungsklage deshalb auf rund 93.000 Euro.

BGH, Beschluss vom 22.02.2023 - IV ZB 13/22

Redaktion beck-aktuell, 23. März 2023.