Beschwerderecht eines nahen Angehörigen bei Betreuung

Die Beschwerde eines nahen Angehörigen gegen eine Betreuungsentscheidung darf eigene Interessen mit verfolgen. Entscheidend ist, ob zumindest auch Interessen der betreuten Person berührt sind. Dies hat der Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 15.07.2020 entschieden.

Gemeinsame Konten

Aufgrund eines Schlaganfalls musste eine 49-jährige Frau betreut werden. Das Amtsgericht Grimma hatte den Ehemann bestellt. Allerdings war das Gericht der Auffassung, dass hier zusätzlich ein Berufsbetreuer die Vermögensverhältnisse überwachen müsse, etwa die Verwendung des – auch gemeinsamen – Vermögens, ihrer Einkünfte und die Nutzung des Autos der Frau. Der Partner sah dies als Einmischung an und verwies darauf, dass er auf die Gemeinschaftskonten sowieso allein zugreifen könne und damit kein Bedarf an weiterer Betreuung bestehe. Das LG Leipzig lehnte eine Beschwerdeberechtigung ab: Allenfalls seine Frau sei direkt betroffen und könne sich wehren, und auch ein Recht, als naher Angehöriger im Sinn von § 303 FamFG vorzugehen, bestehe nicht. Offenkundig verfolge der Mann primär eigene Interessen, nämlich den Zugriff auf die Gemeinschaftskonten und den Wagen nicht zu verlieren.

Aufgabenverteilung in der Ehe

Im Gegensatz hierzu sahen die Bundesrichter auch Belange der Erkrankten als berührt an und folgten dem Ehemann inhaltlich. Es sei nachvollziehbar, dass eine Trennung der Konten zu wirtschaftlichen Nachteilen für beide Partner führen könne. Die Vermögensverwaltung durch den Mann entsprach auch der Handhabung vor dem Schlaganfall, so die Karlsruher Richter. Das Paar habe sich durch die Wahl von "Oder-Konten" bewusst für diese Aufgabenverteilung entschieden.

BGH, Beschluss vom 15.07.2020 - XII ZB 147/20

Redaktion beck-aktuell, 13. August 2020.