Beschwer durch Vorbehalt der Erbenhaftung

Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat die beschränkte Erbenhaftung konkretisiert: Nimmt ein Gericht eine Nachlassbeschränkung zugunsten von Erben an, ist der Gläubiger regelmäßig beschwert. Bereits die Rechtskraftwirkungen des Vorbehalts seien für ihn von Nachteil.

Energieversorger wehrt sich gegen Vorbehalt der beschränkten Erbenhaftung

Ein regionales Energie- und Wasserversorgungsunternehmen nahm einen Erben auf Zahlung von Gas-, Strom- und Wasserlieferungen in Anspruch. Ein Miterbe hatte den Bezug im Namen der Erbengemeinschaft angemeldet. Im Januar 2011 wies das AG Hagen einen Antrag auf Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens mangels Masse ab. Das Grundstück wurde zwangsversteigert und vom neuen Eigentümer im November 2013 zur Versorgung angemeldet.

OLG: Aufnahme des Vorbehalts begründet keine formelle Beschwer

Die Firma machte eine Vergütung für die Energie- und Wasserlieferungen in Höhe von 13.000 Euro im Zeitraum 2011 bis November 2013 geltend. Die Klage war vor dem LG Hagen erfolgreich. Allerdings wurde zugunsten des Schuldners im Urteil der Vorbehalt des Einwands der beschränkten Erbenhaftung nach § 780 Abs. 1 ZPO aufgenommen. Dieser hatte die Dürftigkeits- (§ 1990 Abs. 1 BGB) sowie die Verschweigungseinrede (§ 1974 Abs. 1 BGB) erhoben. Die Berufung des Energieversorgers wurde vom OLG Hamm als unzulässig verworfen: Die Aufnahme der Nachlassbeschränkung nach § 780 Abs. 1 ZPO, deren Beseitigung alleiniges Ziel seiner Berufung sei, begründe keine formelle Beschwer. Ein erfolgreicher Kläger werde nicht dadurch beschwert, dass sein Prozessgegner mit seinen Einwendungen auf einen späteren Rechtsstreit, hier im Vollstreckungsverfahren, verwiesen worden sei.

BGH: Wirkungen des Vorbehalts sind bereits nachteilig

Das sah der BGH nun anders und verwies die Sache am 21.10.2020 an das OLG Hamm zurück. Aus Sicht der Bundesrichter ist der Versorger durch den zugunsten des Erben ausgesprochenen Vorbehalt der beschränkten Erbenhaftung beschwert. Ein solcher Vorbehalt sei zugleich mit der Feststellung verbunden, dass das Gericht vom Vorliegen einer reinen Nachlassverbindlichkeit nach § 1967 BGB ausgehe. Dem VIII. Zivilsenat zufolge liegt darin bereits ein Nachteil für die Firma und begründet für sie eine Beschwer: Für das Zwangsvollstreckungsverfahren stehe ansonsten die Einstufung als Nachlassverbindlichkeit bereits fest. Die Einschränkung könne sie auch in der Rechtsmittelinstanz angreifen. Laut BGH ändert auch die fehlende Prüfung der weiteren Voraussetzung der Haftungsbeschränkung durch das LG hieran - entgegen der Ansicht des OLG - nichts.

Hinweis an OLG

Der BGH gab ferner den Hinweis, dass das OLG bei der Prüfung der Frage, um welche Art von Verbindlichkeit es sich bei den Forderungen in Bezug auf den Erben handele, zu berücksichtigen haben werde, dass dessen persönliche Haftung ein eigenes Verhalten als Haftungsgrundlage voraussetze. Für Verbindlichkeiten aus der Verwaltung des Nachlasses, die ohne sein Zutun entstanden seien, hafte er demgegenüber nur als Erbe.

BGH, Urteil vom 21.10.2020 - VIII ZR 261/18

Redaktion beck-aktuell, 26. November 2020.