Berechnung des Wertersatzanspruchs bei Widerruf eines Autokredits

Widerruft ein Darlehensnehmer einen zusammen mit einem Fahrzeugkauf abgeschlossenen Verbraucherdarlehensvertrag, ist bei der Berechnung des Wertersatzanspruchs der Händlerverkaufspreis zum Zeitpunkt des Abschlusses des Darlehensvertrags zugrunde zu legen. Der Bundesgerichtshof entschied weiter, dass sich der Verkehrswert bei Rückgabe des Fahrzeugs nach dem Händlereinkaufspreis bemisst. Zu diesem Erlös könne der Verbraucher den Wagen veräußern.

Widerruf vier Jahre nach Autokauf

Der Käufer eines gebrauchten Mercedes GL 350 lag im Streit mit seiner Vertragspartnerin um die Wirksamkeit seines widerrufenen Verbraucherdarlehensvertrags. Er hatte die Limousine bei einem Händler im Juli 2016 für 80.500 Euro erworben. Einen Teil der Summe zahlte er an, den Rest finanzierte er mit einem Darlehen von über 45.500 Euro. Der Kreditvertrag enthielt folgende Regelung: "Für ausbleibende Zahlungen wird Ihnen der gesetzliche Zinssatz für Verzugszinsen berechnet. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz." Im August 2020 widerrief der Mann den Vertrag. Er forderte den Darlehensgeber erfolglos zur Rückabwicklung des Vertrags auf, wobei er ihm die Rückgabe des finanzierten Wagens an einen Vertragspartner seiner Wahl gegen Rückzahlung seiner Raten sowie der Anzahlung anbot. Dieser wies den Widerruf als verfristet zurück.

OLG: Wertersatzpflicht des Klägers

Die Klage - unter anderem auf Feststellung, er schulde aufgrund des Widerrufs weder die Erbringung von Zins- noch von Tilgungsleistungen - scheiterte beim LG Itzehoe. Nachdem der Käufer im Laufe des Berufungsverfahrens das Darlehen vollständig abgelöst hatte, gab das OLG Schleswig ihr größtenteils statt. Der Mann könne die Erstattung geleisteter Zahlungen verlangen. Das Gericht stellte jedoch auf Antrag der Beklagten fest, dass er zum Ersatz eines etwaigen höheren Wertverlusts, als den von ihm bereits angesetzten, verpflichtet sei. Die Revision des Darlehensgebers beim BGH hatte teilweise Erfolg, nicht jedoch die Anschlussrevision des Verbrauchers, der keinen höheren Wertersatz festgestellt sehen wollte.

Klärung von Streitfragen zum Wertersatz

Der XI. Zivilsenat entschied, dass die Zahlungsansprüche des Käufers, anders als vom OLG Schleswig angenommen, derzeit noch nicht fällig waren. Er stimmte mit dem OLG aber dahingehend im Ergebnis überein, dass die Berechnung des Wertersatzes durch den Kläger inkorrekt war. Er habe bei der Ermittlung des Verkehrswerts des finanzierten Fahrzeugs bei Übergabe des Fahrzeugs an ihn nur den Nettokaufpreis abzüglich Händlermarge zugrunde gelegt. Dem BGH zufolge bestimmt sich der Verkehrswert des finanzierten Fahrzeugs bei Abschluss des Darlehensvertrags aber nach dem Händlerverkaufspreis. Dies folge bereits aus dem Wortlaut des § 357 Abs. 7 BGB aF, wonach der Verbraucher Wertersatz für den Wertverlust der Ware zu leisten habe. Der Verlust nehme dem Händler zumindest zum Teil seine Gewinnmöglichkeit. Da private Käufer bei gewerblichen Kfz-Händlern Umsatzsteuer zahlen müssten, sei auch der Bruttoverkehrswert entscheidend. Umgekehrt sei für den Verkehrswert bei Rückgabe des Wagens der Händlereinkaufspreis maßgeblich, da es sich hierbei um den Preis handele, zu dem der Verbraucher das Fahrzeug veräußern könne. Der XI. Zivilsenat klärte damit drei bislang streitige Rechtsfragen.

BGH, Urteil vom 25.10.2022 - XI ZR 44/22

Redaktion beck-aktuell, 24. November 2022.