Berechnung der Vergütung des Nachlasspflegers bei unzureichendem Nachlass

Reicht ein Erbe nicht aus, um die volle Vergütung eines Nachlasspflegers abzudecken, so erhält er bis zu dessen Erschöpfung trotzdem sein volles Honorar. Die geringeren Sätze für einen unbemittelten Nachlass kommen erst für offene Reststunden zur Anwendung. Der Bundesgerichtshof hat damit eine Frage entschieden, die zuvor von den Oberlandesgerichten unterschiedlich gehandhabt wurde.

Erbe reicht nur zum Teil

Ein Nachlasspfleger war mit der ihm zugedachten Vergütung nicht einverstanden. Das AG Osterholz-Scharmbeck hatte ihn zugunsten unbekannter Erben mit der Betreuung einer Hinterlassenschaft betraut. Nach getaner Arbeit stellte er eine Rechnung von fast 3.000 Euro. 23,5 Stunden setzte er dabei mit einem Stundensatz von 80 Euro an – insoweit reichte der Nachlass zur Zahlung aus. Für die nach Erschöpfung der Mittel noch offenen 14,7 Stunden beantragte er auf Basis des reduzierten Satzes von 33,50 Euro für unbemittelte Nachlässe (§ 3 VBVG a.F.) eine Erstattung aus der Staatskasse. Das Nachlassgericht und ihm folgend das OLG Celle verweigerten den Zugriff auf das Erbe. Dieses sei nach § 1836d Nr. 1 BGB insgesamt als mittellos anzusehen, da die Rechnung nicht vollständig bezahlt werden könne. Diese Regel aus dem Vormundschaftsrecht gelte nach § 1915 Abs. 1 Satz 1 BGB auch für die Pflegschaft. Somit falle nur eine Vergütung von 1.671 Euro aus der Staatskasse an. Die Rechtsbeschwerde war erfolgreich und führte zur Zurückverweisung.

Keine Vergleichbarkeit mit Vormundschaft

Die Karlsruher Richter monierten die Übertragung von § 1836d Nr. 1 BGB auf die Nachlasspflegschaft. Zwar scheide nach dem Wortlaut von § 1915 Abs. 1 Satz 1 BGB eine entsprechende Anwendung nur bei einem entgegenstehenden Gesetz aus. Nach Ansicht des IV. Zivilsenats muss aber die Besonderheit der jeweiligen Pflegschaft berücksichtigt werden: § 1836d Nr. 1 BGB solle verhindern, dass das Vermögen des Mündels leergesogen werde und dieses dann ohne eigene Mittel dastehe. Deshalb sei dort schon eine Teilzahlung aus dem Vermögen unzumutbar. Die Interessenlage bei einer Hinterlassenschaft ist nach Ansicht des BGH damit nicht zu vergleichen, da keine zu schützende lebende Person vorhanden ist. Der Nachlass dürfe hier aufgezehrt werden und diene auch nicht – wie vereinzelt in der Literatur vertreten – vorrangig der Sicherung der Ausgleichsansprüche der Staatskasse für geleistete Zahlungen. Die Entscheidung bestätigt die von der Mehrzahl der Oberlandesgerichte bislang vertretene Linie.

BGH, Beschluss vom 29.06.2021 - IV ZB 16/20

Redaktion beck-aktuell; Michael Dollmann, Mitglied der NJW-Redaktion, 27. Juli 2021.