Begutachtungstermin: Kostenerstattung für Durchsetzung

Nimmt der Anwalt eines Gläubigers an einem Begutachtungstermin im selbstständigen Beweisverfahren teil, sind die dabei entstehenden Gebühren keine notwendigen Kosten der Zwangsvollstreckung. Sie sind im Wege eines materiellrechtlichen Erstattungsanspruchs oder im Rahmen der Kostenerstattung einer nachfolgenden Hauptsache geltend zu machen. Das hat der Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 09.07.2020 entschieden.

Keine notwendigen Kosten der Zwangsvollstreckung

Im Rahmen eines selbstständigen Beweisverfahrens beim Landgericht Flensburg sollte eine IT-Infrastruktur begutachtet werden. Da mit Widerstand der Besitzerinnen zu rechnen war, verpflichtete sie das LG Flensburg durch einstweilige Verfügung, die Untersuchung durch einen Sachverständigen in Anwesenheit von vier Anwälten ihrer Kontrahentin zu dulden. Zwei der Vertreter nahmen schließlich am Termin in den Geschäftsräumen teil. Das Amtsgericht Ahrensburg setzte Rechtsanwalts- und Gerichtsvollzieherkosten für den Begutachtungstermin sowie einen Kostenzuschuss für die Zustellung des Kostenfestsetzungsbeschlusses in Höhe von insgesamt 2.580 Euro fest. Das LG Lübeck wies den Kostenfestsetzungsantrag auf die sofortige Beschwerde hin zurück: Bei den Kosten handele es sich nicht um solche der Zwangsvollstreckung oder der Vollziehung der einstweiligen Verfügung. Die Androhung von Ordnungsmitteln sei noch keine Maßnahme der Zwangsvollstreckung. Mit der Duldung der Anwesenheit des Sachverständigen und der anwaltlichen Vertreter seien nur die gemachten Auflagen erfüllt worden.

BGH: Schwerpunkt auf Androhung von Ordnungsmitteln

Die Rechtsbeschwerde zum BGH hatte lediglich hinsichtlich der Gerichtsvollzieher- und Zustellungskosten Erfolg – insgesamt wurden 99 Euro zugesprochen. Aus Sicht der Karlsruher Richter handelte es sich bei den Gerichtsvollzieherkosten sowie dem Auslagenvorschuss um notwendige Kosten nach § 788 Abs. 1 ZPO, die den Schuldnerinnen zur Last fallen. Der Erfolg der Begutachtung wäre gefährdet gewesen, wenn die Beteiligten ohne Gerichtsvollzieher vor verschlossener Tür gestanden hätten. Dass die Besitzerinnen der Anordnung letztlich freiwillig Folge geleistet haben, stehe dem Anfallen dieser Gebühr nicht entgegen, so die Richter weiter. Zu Recht habe das LG Lübeck hingegen die Festsetzung der Kosten für die Anwesenheit der Juristen beim Begutachtungstermin abgelehnt. Die einstweilige Verfügung enthalte ihrem Schwerpunkt nach lediglich die Anordnung von Duldungspflichten, so der Vorwurf an das AG Ahrensburg. Es könne durchaus sein, dass die Anwesenheit der Bevollmächtigten "zur Rechtsverfolgung" notwendig gewesen sei, aber dies betreffe den Inhalt der Verfügung und nicht deren Vollstreckung. Somit seien die Aufwendungen auch nicht im Zusammenhang der Vollstreckung abzurechnen. Aus Sicht des Senats müssen die restlichen Positionen, die Kosten des Beweisverfahrens darstellen, entweder im Wege eines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs oder im Rahmen der Erstattung einer nachfolgenden Hauptsache geltend gemacht werden.

BGH, Beschluss vom 09.07.2020 - I ZB 79/19

Redaktion beck-aktuell, 15. September 2020.