Befugnisse des Insolvenzverwalters bei Vermögensverschiebung

Wer als Schuldner vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens sein Vermögen verschiebt, kann von seinem Insolvenzverwalter nicht auf Zahlung verklagt werden. Der Bundesgerichtshof machte deutlich, dass der Verwalter während des laufenden Verfahrens bereits Inhaber des gesamten schuldnerischen Vermögens ist, das er im Wege der Zwangsvollstreckung herausverlangen könne. Nur gegen Dritte könne er Zahlungsklage erheben.

Vor dem Insolvenzantrag Vermögen verschoben?

2009 wurde die Insolvenz eines Mannes eröffnet. Vorher – so der Vorwurf seines damaligen Insolvenzverwalters – habe er rund fünf Millionen Euro auf das Konto seiner Ehefrau überwiesen. Von dort aus sei das Geld dann auf ein Konto ihrer Firma auf Mallorca geflossen. Davon erfuhr der Insolvenzverwalter allerdings erst knapp zwei Jahre nach Erteilung der Restschuldbefreiung, weil der Schuldner in seinem Insolvenzeröffnungsantrag keine Angaben dazu gemacht hatte. Er forderte deshalb vom Schuldner, dessen Ehefrau und deren Firma als Gesamtschuldner das Geld zurück. Das Landgericht Berlin wies die Klage ab, das Kammergericht hingegen gab der Klage gegen den Schuldner und die Firma seiner Frau statt. Der Schuldner erhob Revision vor dem BGH – mit Erfolg.

Insolvenzverwalter kann den Schuldner nicht auf Zahlung verklagen

Nach § 92 Satz 1 InsO macht der Insolvenzverwalter während des laufenden Verfahrens Schadenersatzansprüche für die Gesamtheit der Gläubiger – also für die Insolvenzmasse – geltend. Diese Befugnis erstreckt sich dem BGH zufolge aber nicht auf Ansprüche gegen den Schuldner, sondern nur gegen Dritte. Gegen den Schuldner habe der Verwalter nach § 148 Abs. 2 Satz 1 InsO mit dem Eröffnungsbeschluss einen Herausgabetitel hinsichtlich dessen Vermögenswerte, den er vollstrecken kann. Eine Zahlungsklage wäre auch deshalb nicht sinnvoll, weil der Verwalter bereits kraft § 80 InsO Inhaber des schuldnerischen Vermögens sei. Kläger und Beklagte wären dann identisch.

BGH, Urteil vom 21.10.2021 - IX ZR 265/20

Redaktion beck-aktuell, 21. Dezember 2021.