Bedenkzeit keine Voraussetzung für wirksame Einwilligung in OP
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Patientinnen und Patienten haben einen Anspruch darauf, rechtzeitig vor einem Eingriff vom Arzt über die möglichen Risiken aufgeklärt zu werden – ein Mindestabstand zwischen Gespräch und Einwilligung muss aber nicht eingehalten werden. Das stellt der Bundesgerichtshof in einem am Mittwoch veröffentlichten Urteil klar. Wie schnell ein Patient nach ordnungsgemäßer Aufklärung seine Entscheidung treffe, sei grundsätzlich "seine Sache", so der BGH.

Wohlüberlegte Entscheidung muss möglich sein

Die Patientenrechte sind erst seit 2013 im Bürgerlichen Gesetzbuch festgeschrieben. Vorher leiteten sie sich zum Teil nur aus BGH-Urteilen ab. Nach den daran angelehnten BGB-Vorschriften muss die Aufklärung "so rechtzeitig erfolgen, dass der Patient seine Entscheidung über die Einwilligung wohlüberlegt treffen kann".

Einwilligung kann auch sofort erteilt werden

Laut BGH kann das auch sehr schnell gehen. Sehe sich der Patient gleich nach dem Gespräch "zu einer wohlüberlegten Entscheidung in der Lage, ist es sein gutes Recht, die Einwilligung sofort zu erteilen". Von jemandem, der noch Bedenkzeit braucht, erwarten die Richter umgekehrt, dass er das dem Arzt gegenüber auch zum Ausdruck bringt.

Hirnblutung nach Nasen-OP

In dem Fall aus Bremen verlangt ein Mann Schadenersatz von einer Klinik wegen einer missglückten Nasen-OP, bei der eine Hirnblutung aufgetreten war. Sein Aufklärungsgespräch hatte er drei Tage vorher, das Formular zur Einwilligung unterzeichnete er direkt im Anschluss.

Einwilligung spätestens bei Aufnahme zu OP erteilt

Das Oberlandesgericht Bremen hatte dem Kläger wegen der fehlenden Bedenkzeit grundsätzlich Schadenersatz zugesprochen (MedR 2022, 493). Der BGH sieht das nun anders. Im Prozess wurde zwar nicht geklärt, ob der Mann womöglich unzulässigerweise gedrängt oder "überfahren" wurde. Für die obersten Zivilrichter spielt dieser Punkt aber keine Rolle, weil er auf jeden Fall drei Tage später in der Klinik vorstellig wurde und sich zur Operation aufnehmen ließ. Spätestens mit diesem Verhalten habe er seine Einwilligung stillschweigend erteilt.

Möglicher Behandlungsfehler noch zu prüfen

Das OLG muss nun noch prüfen, ob möglicherweise ein Behandlungsfehler vorlag. Mit dieser Frage hatte es sich bisher nicht befasst.

BGH, Urteil vom 20.12.2022 - VI ZR 375/21

Redaktion beck-aktuell, 8. Februar 2023 (dpa).