Nachdem ein Bankkunde beim Landgericht mit dem Widerruf seines Verbraucherdarlehensvertrages nicht weitergekommen war, legte seine Anwältin fristgerecht Berufung ein. Die Rechtsmittelbegründungsfrist wurde um einen Monat verlängert. Am Tag des Fristablaufs schickte die Juristin um 22.18 Uhr zwei Schriftsätze per Fax an das Oberlandesgericht: In einem beantragte sie – mit der Gegenseite abgestimmt – eine weitere Fristverlängerung. Im zweiten Schreiben schilderte sie, dass laut Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) seit etwa 14.06 Uhr die beA-Webanwendung ausgefallen sei und mit Hochdruck an der Reparatur gearbeitet werde. Wegen des nahenden Fristablaufs könne sie nicht länger warten. Sie versicherte den Sachverhalt zwar nicht anwaltlich, fügte aber als Beleg einen Screenshot der Störungsmeldung bei.
Das OLG Braunschweig teilte mit, dass es beabsichtige, die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Bevollmächtigte hätte die beA-Störung per anwaltlicher Versicherung glaubhaft machen müssen, so die Begründung. Daraufhin reichte die Anwältin eine Berufungsbegründung unter Schilderung des Sachverhalts ein und beantragte Wiedereinsetzung. Beim OLG fand sie damit kein Gehör.
BGH: Anforderungen überspannt
Der XI. Zivilsenat des BGH (Beschluss vom 10.10.2023 – XI ZB 1/23) kam zu dem Ergebnis, dass der Screenshot der Internetseite hier zur Glaubhaftmachung der behaupteten Störung nach § 130d Satz 3 ZPO geeignet war. Die Abbildung decke sich, so die Richterinnen und Richter des Bankensenats, mit den Angaben der beA-Störungsdokumentation auf der Internetseite der BRAK und und des beA-Supports.
Eine anwaltliche Versicherung der Umstände der Störung ist dem BGH zufolge – entgegen der Ansicht des OLG – in dieser Konstellation nicht zwingend erforderlich. Das OLG Braunschweig habe die Anforderungen an die Glaubhaftmachung einer auf technischen Gründen beruhenden vorübergehenden Unmöglichkeit überspannt. Der Kläger erhielt die beantragte Wiedereinsetzung.