BGH: Badsanierung löst unter Wohnungseigentümern keinen Anspruch auf höheren Trittschallschutz aus

Wohnungseigentümer, die ihr Badezimmer modernisieren und dabei den Boden unter Eingriff in den Estrich erneuern, sind gegenüber den anderen Wohnungseigentümern nicht verpflichtet, den Trittschallschutz über das Niveau hinaus zu verbessern, das zum Zeitpunkt der Gebäudeerrichtung galt. Dies hat der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 16.03.2018 entschieden (Az.: V ZR 276/16).

Verbesserung des Trittschallschutzes nach Badmodernisierung verlangt

Die Parteien sind Mitglieder einer Wohnungseigentümergemeinschaft. Die Anlage wurde 1990 errichtet. Die Wohnung der Beklagten liegt über der der Klägerin. Bei einer Modernisierung ihres Badezimmers im Jahr 2012 ließen die Beklagten den Estrich vollständig entfernen und eine Fußbodenheizung einbauen. Ferner wurden der Fliesenbelag sowie sämtliche Sanitärobjekte erneuert und eine Steigleitung unter Putz verlegt. Die Klägerin behauptete, der Schallschutz habe sich durch die Baumaßnahme verschlechtert, und verlangte, dass die Beklagten bestimmte, näher konkretisierte Schallschutzmaßnahmen vornehmen. Hilfsweise wollte sie der Sache nach erreichen, dass die Beklagten ein Schallschutzniveau herstellen, das dem technischen Stand zur Zeit der Sanierung im Jahr 2012 entspricht (Trittschallschutz gemäß Schallschutzstufe III der Richtlinie VDI 4100:2012-10: <=37 dB, hilfsweise Schallschutzstufe II der genannten Richtlinie: <= 44 dB).

LG: Beklagte müssen Trittschall auf 46 dB begrenzen

Das Amtsgericht gab der Klage nur insoweit statt, als die Beklagten eine Trittschalldämmung und einen schwimmenden Estrich nach näheren Vorgaben wiederherstellen sollten. Auf die Berufung der Klägerin änderte das Landgericht das Urteil und verurteilte die Beklagten, durch geeignete bauliche Maßnahmen im Bereich des Badezimmers dafür zu sorgen, dass der Trittschall 46 dB (gemäß Beiblatt 2 zur DIN 4109 aus dem Jahr 1989) nicht übersteigt. Dagegen legte die Klägerin Revision ein und verfolgte damit ihre weitergehenden Hilfsanträge.

BGH: Nachteil im Sinne des § 14 Nr. 1 WEG für Klägerin durch Eingriff in Estrich?

Der BGH hat die Revision zurückgewiesen. Das Landgericht habe weitergehende Ansprüche der Klägerin gemäß § 15 Abs. 3 WEG ohne Rechtsfehler verneint. Dabei sei davon auszugehen gewesen, dass der Estrich der Dämmung und Isolierung diente und daher Teil des Gemeinschaftseigentums war. Infolgedessen hätten die Beklagten ohne Zustimmung der Klägerin eine bauliche Veränderung des gemeinschaftlichen Eigentums im Sinne von § 22 Abs. 1 WEG vorgenommen, indem sie den Estrich entfernt und den Bodenaufbau sodann erneuert haben. Welche Pflichten bei einer solchen Maßnahme hinsichtlich des Schallschutzes zu beachten seien, ergebe sich aus § 14 Nr. 1 WEG. Danach sei jeder Wohnungseigentümer verpflichtet, von den in seinem Sondereigentum stehenden Gebäudeteilen sowie von dem gemeinschaftlichen Eigentum nur in solcher Weise Gebrauch zu machen, dass dadurch keinem der anderen Wohnungseigentümer über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus ein Nachteil erwachse. Entscheidend war daher laut BGH, ob der Klägerin ein solcher Nachteil entstanden ist.

Bei Veränderungen des Gemeinschaftseigentums entscheidet Gewicht des Eingriffs über maßgebliche Schallschutzanforderungen

Der BGH weist darauf hin, dass er bereits in der Vergangenheit geklärt habe, dass sich der im Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander zu gewährende Schallschutz grundsätzlich nach den Mindestanforderungen der DIN 4109 in der zur Zeit der Gebäudeerrichtung geltenden Ausgabe richtet, wenn ein vorhandener Bodenbelag durch einen anderen ersetzt wird (etwa Parkett statt Teppichboden), also das Sonder- und nicht das Gemeinschaftseigentum verändert wird. Ausdrücklich offen geblieben sei bislang aber, ob dieselben Maßstäbe gelten, wenn bei der Erneuerung des Bodenbelags auch (wie hier) in den Estrich oder in die Geschossdecke eingegriffen wird. Zu trennen seien dabei zwei Fragen: Erstens sei zu klären, ob für den Schallschutz die im Zeitpunkt der Errichtung des Gebäudes oder die im Zeitpunkt der Baumaßnahme geltenden technischen Vorgaben heranzuziehen sind, und zweitens, welchen konkreten technischen Vorgaben das zu gewährende Schallschutzniveau zu entnehmen sei. Der BGH hat nun zur ersten Frage entschieden, dass es sich nach dem Gewicht des Eingriffs in die Gebäudesubstanz richte, ob die im Zeitpunkt der Baumaßnahme geltenden technischen Anforderungen an den Schallschutz einschlägig sind.

Grundsätzlich keine Verpflichtung zu besserem Schallschutz

Laut BGH ergibt sich allein aus dem Umstand, dass bei Renovierungsarbeiten in das gemeinschaftliche Eigentum eingegriffen werde, kein überzeugender Grund dafür, dass die im Zeitpunkt der Maßnahme anerkannten Schallschutzwerte maßgeblich sein sollen. Ein Wohnungseigentümer, der Eingriffe in das Gemeinschaftseigentum vornehme, sei im Grundsatz zwar zu dessen Wiederherstellung, aber nicht zu einer "Ertüchtigung" verpflichtet.

Bei erheblichen Eingriffen aber aktuelle technische Vorgaben maßgeblich

Werde allerdings - etwa durch einen nachträglichen Dachgeschossausbau - in erheblichem Umfang in die Gebäudesubstanz eingegriffen, entstehe bei den übrigen Wohnungseigentümern die berechtigte Erwartung, dass bei dem Umbau des Sonder- und des Gemeinschaftseigentums insgesamt die aktuellen technischen Vorgaben und damit auch die nunmehr geltenden Schallschutzwerte beachtet werden.

Bei typischen Sanierungsmaßnahmen Zeitpunkt der Gebäudeerrichtung maßgeblich

Dagegen könne bei Sanierungsmaßnahmen, die der üblichen Instandsetzung oder (gegebenenfalls zugleich) der Modernisierung des Sondereigentums dienen, im Grundsatz ein verbessertes Schallschutzniveau nicht beansprucht werden, so dass unverändert die bei Errichtung des Gebäudes geltenden technischen Standards maßgeblich seien. Um eine solche typische Sanierungsmaßnahme handele es sich in aller Regel auch dann, wenn - wie hier - bei der Sanierung eines vorhandenen Badezimmers in den Estrich eingegriffen wird.

Klägerin kann keinen besseren Trittschallschutz verlangen

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Bestimmung der Schallschutzwerte sei danach derjenige der Gebäudeerrichtung, so der BGH. Die oben angesprochene zweite Frage nach dem konkret einzuhaltenden Schallschutzniveau (auf dem technischen Stand bei Gebäudeerrichtung) stelle sich hier nicht mehr, weil die Verurteilung der Beklagten zur Einhaltung der (über die Mindeststandards hinausgehenden) in Beiblatt 2 zur DIN 4109 aus dem Jahr 1989 vorgeschlagenen erhöhten Schallschutzwerte rechtskräftig geworden ist. Ein darüber hinausgehendes Schallschutzniveau auf der Grundlage der VDI-Richtlinie 4100 aus dem Jahr 2012 könne die Klägerin jedenfalls nicht beanspruchen.

BGH, Urteil vom 16.03.2018 - V ZR 276/16

Redaktion beck-aktuell, 16. März 2018.